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Vogelschutz am Stausee in Kelbra Vogelschutz am Stausee in Kelbra: Naturschützer und Angler geraten aneinander

Von Karl-Heinz Klarner 07.01.2019, 10:00
Der Helmestausee Kelbra aus der Vogelperspektive.
Der Helmestausee Kelbra aus der Vogelperspektive. Maik Schumann

Kelbra - Der Kreisanglerverein Sangerhausen hat mit Unverständnis und massiver Kritik auf Forderungen nach einem erweiterten Vogelschutz am Stausee in Kelbra reagiert. Dies sei nicht konform mit dem Bundesnaturschutzgesetz, erklärte Frank Gabriel, Geschäftsführer des Kreisanglervereins Sangerhausen.

„Der Kranich-Rastplatz am Helmestausee ist einzigartig, zu seinem Schutz gibt es keine Alternative“, heißt es unter anderem in einer Resolution an das Umweltministerium Sachsen-Anhalt, die vom Naturschutzbund Sachsen-Anhalt, der Landesarbeitsgemeinschaft Kranichschutz und dem Ornithologenverband Sachsen-Anhalt unterzeichnet ist.

Wasserspiegel soll angepasst werden

Darin werden unter anderem Forderungen laut, den Wasserspiegel des Regenrückhaltebeckens den jeweiligen Umständen anzupassen. Demnach sollen zwischen April und Juli hohe Wasserstände vorherrschen, um die Vogelbrut vor Nesträubern zu schützen. Dagegen soll dann im August und September Wasser abgelassen werden, um den Zugvögeln ausreichend Rastflächen zu bieten.

Die Talsperre Kelbra wurde zum Schutz vor Überschwemmungen gebaut und sollte ursprünglich nur bei Hochwasser angestaut werden. Aber auf Beschluss der SED-Bezirksleitung Halle wurde die Talsperre von Anfang an zur Fischerei (Karpfenmast bis 1.000 Tonnen im Jahr), zur Erholung beziehungsweise Tourismus und zeitweise zur Bewässerung genutzt. Erst später kamen die vielen, auch seltenen Wasservögel, dazu.

Für die Vorschläge der Vogelschützer haben die Petrijünger des Kreisanglervereins nur ein Kopfschütteln übrig. Denn gerade ein ausgewogenes Stauregime sichere den Fischen im See und in der Helme das Überleben. „Wenn Ende September 25 Grad warmes Algenwasser im Stausee ist, und die Fische dort bereits nach Luft schnappen, soll der Talsperrenbetrieb dieses sauerstoffarme Wasser in die Helme ablassen, damit dort Bachneunauge, Bachmuschel und Bachforelle verrecken“, macht Gabriel auf die möglichen Folgen aufmerksam und fragt sich: „Ist das ein verantwortungsvoller Naturschutz, wie vom Bundesnaturschutzgesetz gefordert? Wissen diese Leute überhaupt, was sie tun?“

Kraniche nicht bedroht?

Zudem hält Gabriel dagegen, dass der Kranich in Europa schon lange keine bedrohte Tierart mehr sei. Dies belegten auch Zählungen des Naturschutzbundes an der Talsperre Kelbra. Demnach habe sich der Bestand der Kraniche und der Kormorane an der Talsperre seit 2001 mehr als verdoppelt und der Bestand des Schwarzhalstauchers sogar fast verzehnfacht.

„Warum also solche Behauptungen beziehungsweise Lügen, dem Kranich und den Schwarzhalstauchern geht es an der Talsperre schlecht“, fragt Gabriel und hat auch eine Antwort parat. So vermutet der Angler, dass hinter der geforderten Erweiterung der Schlammflächen im Norden nicht der Kranichschutz stecke. Der sei nur vorgeschoben. Vielmehr sieht der Angler eine schleichende Erweiterung bestehender Verbote.

Kranich-Zentrum gefordert

„Welche Vögel diese Schlammflächen massenhaft belegen, kann jeder mit eigenen Augen im Herbst sehen. Kraniche sind es nicht“, sagt Gabriel.

Darüber hinaus fordern die Vogelschützer ein Management des Kranich-Tourismus durch den Aufbau eines Kranich-Zentrums. Neben einer Ausstellung zur Aufklärung könnten Ranger Kontrollen vor Ort durchführen. So ist unter anderem das Betreten der Dämme während des Vogelzugs im Herbst untersagt, auch das Kite-Surfen auf dem See ist verboten.

Hintergehen Vogelschützer den Naturschutz?

Allerdings hat Gabriel auch dabei seine Zweifel. Denn die Angler hätten aus eigener Beobachtung heraus festgestellt, wie einzelne Vogelschützer gesperrte Wege im Naturschutzgebiet oder den Nebendamm befahren hätten, um Vögel besser zählen zu können.

„Was soll der Unsinn mit dem Sperren des Hauptdammes im Oktober. Sind es doch vor allem Vogelschützer und Vogelfreunde, welche mit ihren Teleobjektiven und Ferngläsern im Oktober auf dem Hauptdamm stehen und die Kraniche und Wasservögel beobachten, ohne das die Anzahl der Vögel weniger wurde“, merkt Gabriel abschließend an. (mz)