Traditionspflege Traditionspflege: Ein heimlicher Stargast

rosslA/MZ - Viel öfter als sonst zu einem Schützenfest kam Heinz-Otto Müller, Geschäftsführer und stellvertretender Vorsitzender der Schützenkompanie „Goldene Aue“ 1848, in den Saal des Schützenhauses. Denn hier lag am vergangenen Wochenende wohlverwahrt in einer Vitrine der heimliche Stargast des Roßlaer Schützenfestes: die historische Schützenkette. Im Jahr 1893 hatte sie Graf Botho von Stolberg-Roßla dem Verein gestiftet. Als erster trug sie der Klempnermeister Eduard Günther sen. Jedes Jahr ergänzte der beste Schütze die Kette um eine weitere Medaille. Bis das Prunkstück nach der Auflösung des Schützenvereins nur noch Museumswert hatte und mit der Schließung des Heimatmuseums in Roßla in das Spengler-Museum nach Sangerhausen kam.
Nach mehreren vergeblichen Versuchen gelang es in diesem Jahr die Schützenkette wieder zu einem Schützenfest nach Roßla zu holen. Südharz-Bürgermeister Ralf Rettig (CDU) versprach den Mitgliedern des Schützenvereins, sich weiter um die Rückkehr der Kette zu bemühen. „Sie soll künftig in der Ausstellung des Stolberger Museums Alte Münze zu sehen sein“, sagte Rettig. „Das Kulturgut soll wieder zurückgeführt werden.“
"Die letzten zehn Könige kenne ich noch"
Heinz-Otto Müller konnte sein Glück kaum fassen. Er sagte: „Ich habe mir die Medaillen schon etwas genauer angesehen und sogar einen Verwandten, den Siedemeister Heinrich Müller, gefunden. Dieser war laut Medaille 1895 Schützenkönig der Kompanie. Bei einem Blick auf die Liste der Schützenkönige, die ihre Medaillen noch an diese historische Kette angeheftet haben, sagte Manfred Möckel: „Die letzten zehn Könige kenne ich noch“. Mit 87 Jahren ist er das älteste Vereinsmitglied.
Natürlich wollten alle einen Blick auf das Schmuckstück werfen. So trug sie Andreas Hahnke durch die Reihen und schließlich zur Vitrine. Offensichtlich brachte ihm diese Präsentation Glück, denn er wurde nach 2010 erneut Schützenkönig. Ihm steht Petra Reinhardt als Schützenkönigin zur Seite. Sie war bereits dreimal Bürgerkönigin.
Weil der TÜV für die Schießanlage abgelaufen war, durften die Vereinsmitglieder in diesem Jahr nur mit Luftgewehr auf eine Miniaturausgabe der bunten Holzadler schießen. Dennoch wurde das Pfänderschießen genutzt. So freuten sich Norbert Fuhrmann über die Krone und Christian Schürz über den Schnabel. Den rechten bzw. linken Flügel nahmen Andrea Wichmann und Illona Heßler mit nach Hause. Den Reichsapfel hat Andreas Hahnke abgeschossen und das Zepter Markus Ganß.
Mit besonderer Freude überreichte Heinz-Otto Müller dem Jugendkönig Jonas Franke (15) die Jugendschützenkette. „Die Kette hat mehrere Jahre im Schrank gelegen“, sagte er. „Nun haben drei Jugendliche wieder um sie gekämpft. Ich hoffe, dass sie dabei bleiben.“