Tischlerei Böhme in Sangerhausen Tischlerei Böhme in Sangerhausen: Wirtschaftsminister Jörg Felgner übergibt Bescheid

Sangerhausen - Der zweite Ministerbesuch in einem halben Jahr bei der Sangerhäuser Tischlerei Böhme: Nachdem im Januar der damalige Wirtschaftsminister den 13-Mann-Betrieb als „Pionier des Handwerk“ würdigte, da dort fast alle Produktionsabläufe digitalisiert wurden, überbrachte nun der neue Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD) Tischlermeister Rainer Böhme den ersten Förderbescheid aus dem Programm „Cross Innovation“, mit dem Sachsen-Anhalt Kreativ-Netzwerke unterstützen will. Dieses Förderinstrument sei deutschlandweit einmalig. Es soll die Kooperation von Firmen der Kreativwirtschaft mit Unternehmen aus anderen Branchen und weiteren Partnern fördern.
Fördermittel fließen in Projekt "Wood 4 Life"
Edgar Weimann von der Investitionsbank Sachsen-Anhalt unterstrich, dass die „Innovationsentwicklung in branchenübergreifenden Kooperationen hilft, die Grenzen des eigenen Marktes zu überwinden“. Der Cross-Innovation-Ansatz spiele für die Wirtschaft eine zunehmend wichtige Rolle. Im Falle der Tischlerei Böhme werden die 190 000 Euro Förderung neben Eigenmitteln in den kommenden drei Jahren in das Projekt „Wood 4 Life“ fließen.
Ziel von „Cross Innovation“ ist die stärkere Vernetzung kreativen Handwerks mit anderen Branchen. Bis 2020 stehen insgesamt 2,5 Millionen Euro zur Verfügung, finanziert aus Mittel des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE). Zur Auswahl von Projekten gibt es einen Ideenwettbewerb, an dem sich Gruppen ab fünf Unternehmen beteiligen können. Die zweite Wettbewerbsrunde startet im Herbst. Anträge gibt es auf der Internetseite der Investitionsbank Sachsen-Anhalt: www.ib-sachsen-anhalt.de.
Das ist eine branchenübergreifende Allianz aus kreativen Handwerkern - mit der Tischlerei kooperieren der Stahl- und Anlagenbauer Kasanit aus Sangerhausen, der IT-Dienstleister B & S GmbH aus Halle, das Küchenstudio Duo Riestedt und die Simon Werbung GmbH aus Weißenfels. Ziel ist es, regional erzeugte und bisher einmalige Naturholzstoffe für kundenspezifische Innenausbaulösungen zu nutzen.
Sieben Jahre an Idee gearbeitet
Auch für die einmaligen Naturholzstoffe stand die Sangerhäuser Tischlerei in diesem Jahr schon im Licht der Öffentlichkeit. Gemeinsam mit dem Holzimpulszentrum Rottleberode entwickelte die Tischlerei ein Verfahren für die Veredlung einheimischer Hölzer. Es gelang, Baumscheiben so zu trocknen und zu veredeln, dass sie nicht reißen und weiterverarbeitet werden können. Rund sieben Jahre arbeitete Böhme, der vor kurzem 53 Jahre alt wurde, an seiner Idee. Im Mai wurde das neue Verfahren zur Bearbeitung des sogenannten Hirnholzes patentiert.
Inspiriert habe ihn das in dieser Gegend übliche Holzpflaster. Das sei ganz ähnlich aus Baumscheiben gearbeitet, nur eben kleiner, da es bislang nicht möglich war, große Baumscheiben so zu trocknen, dass sie verarbeitet werden können. Das Pflaster gibt es in Werkhallen und auch auf der Kohlenstraße findet man es teilweise noch. „Das hat mich auf den Gedanken gebracht“, erklärte Böhme, der übrigens im Jahr 1979 seine Lehre im Wohnungsbaukombinat begann, 1988 den Meisterbrief in der Tasche hatte und 1990 seine eigene Firma gründete.
Schmunzelnd zeigte der Tischler dem Minister eine wie zur Schale verbogene Baumscheibe - einen der ersten Trocknungsversuche: „Eigentlich ist das ja Abfall. Aber das gibt es bei uns nicht. Deshalb ist es jetzt Kunst.“ Von Können sprachen all die anderen Werk- und Ausstellungsstücke, die Felgner und seine Begleiter in der Tischlerei in Augenschein nahmen.
Neue Idee reift
Unter anderem eine Treppe mit Stufen, die aus dem neuen Naturholzstoff bestehen. Deutlich wurde bei dem Rundgang Böhmes Credo: „Ich freue mich über jeden anspruchsvollen Kunden, mit dem ich etwas entwickeln kann.“ Wahrscheinlich wird man in diesem Jahr noch einmal von der Tischlerei Böhme hören, denn eine neue innovative Idee ist bereits so weit gereift, dass man sie bald der Öffentlichkeit vorstellen kann. Mehr verriet der Chef jedoch noch nicht. (mz)