Theatergruppe Theatergruppe Tempus Saltus in Sangerhausen: Mittelalterliches Theater

Sangerhausen - Die Erfrischung tut gut: Thomas Günter hat gerade auf einer der Bänke Platz genommen und nippt an einem blauen Becher. Das Tongefäß mit den Verzierungen wirkt alt - fast so alt wie das Gewand des Mannes mit den grauen Haaren und dem kleinen Armband.
„Der Heilige Benedikt“, erklärt er und zeigt den Anhänger daran. „An seinem Gedenktag bin ich geboren.“ Es ist 21 Uhr in Großleinungen, die Aufführung der Historien-Gruppe „Tempus Saltus“ ist vorbei, doch irgendwie befindet sich der Schauspieler immer noch im Mittelalter.
Gerade war er noch Ludwig der Springer, Landgraf von Thüringen, Verehrer der schönen Adelheid und Stifter von Sangerhausens Ulrichkirche.
Neun Jahre geht das jetzt schon so für ihn und neun andere Männer und Frauen. Mal ist er der Graf, mal ein Priester. Die Liste an möglichen „Tempus Saltus“-Stücken ist lang, einige liegen noch ungezeigt auf der „hohen Kante daheim“, erzählt Günter, der sich als echter Ottonen- und Salier-Fan zu erkennen gibt.
„Plötzlich hat es Puff gemacht“, beschreibt seine Lebensgefährtin Angela Klinkert, die „heimliche Gruppenchefin“, wie sie genannt wird. „Auf Mittelalter hatte ich null Bock, als ich in der Schule saß", sagt sie. Aber heute?“ Die Gruppe sei ihre große Erfüllung, schwärmt sie, das Spielen auf der Bühne habe sie mit jeder Rolle wachsen lassen.
„Als wir damals anfingen, noch mit der Vorgänger-Gruppe ‚Poeta Historica’, hatte niemand von uns Erfahrungen“, gibt sie zu.
Für Thomas Günter ist es damals besonders schwer gewesen. Als Schlagzeuger versteckte er sich gern hinter seinem Instrument, bei „Tempus Saltus“ musste er plötzlich vor Publikum sprechen. „Ich habe mir fast in die Hosen gemacht“, erinnert er sich lächelnd.
Tempus Saltus aus Sangerhausen stellen ein Stück pro Jahr auf die Beine
Ein Stück im Jahr und vielleicht drei oder vier Aufführungen, so formuliert er das Ziel des immer kleiner werdenden Ensembles.
Dabei liegen ganz andere, stressigere Zeiten hinter den Laien-Darstellern: Alles fing an mit Kaiserin Theophanu und „Heinrich dem Burgenbauer“, und beim großen Ottonen-Geburtstag in Magdeburg gab es 2012 sogar zwei „Tempus Saltus“-Stücke, die täglich vier Mal aufgeführt wurden. „Ich weiß gar nicht mehr, wie wir das geschafft haben“, erzählt der gebürtige Kölledaer.
Denn heute besteht die bunte Truppe nur noch aus wenigen Darstellern. Ältere haben ihren Hut genommen, Jüngere sind verzogen.
Übrig geblieben sind diejenigen, die wirklich „verknallt“ sind in das Mittelalter und die Geschehnisse im Südharz vor tausend Jahren.
Wenn es um die Deko geht, sei Martina Francke die „gute Seele“, lobt Angela Klinkert. René Hüttel überzeugt durch seine Kenntnisse im Alt- und Mittelhochdeutsch als Barde, und Christine Klenner und Simone Hille seien musikalisch echte „Glücksgriffe“. Und irgendwie seien ja auch die anderen Darsteller ziemlich verliebt in ihre Rollen, freut sich die Chefin.
„Angela, was spielen wir im nächsten Jahr?“ Das ist die Frage, der sie sich oft stellen muss. Das Stück von Ludwig dem Springer und seiner Adelheid ist eine Neuauflage von 2010.
Für größere, aufwendigere Produktionen fehlt das Personal. Und das stimmt vor allem Thomas Günter traurig. Zwei Stücke, die er mit seiner Partnerin verfasst hat, verstauben gerade im heimischen Regal. Es geht um die Geschichte von Morungen und der Grillenberger Grillenburg.
„Eine Riesensache“, sagt der Autor und beschreibt weiter: „Da nimmt der Mansfelder Graf die Burg ein und der Erbe fordert sie zurück. Sehr abenteuerlich.“ Ob es allerdings jemals eine Premiere gibt, da ist er sich nicht so sicher.
„Wir suchen ganz dringend Mitspieler“, will er einen kleinen Aufruf starten. „Gerade Männer fehlen. Was wir brauchen, sind engagierte, gern auch junge Leute, die für das Schauspiel brennen.“
Das Stück von Ludwig dem Springer ist am kommenden Samstag, 15 Uhr, auf der Pfalz Tilleda zu sehen, am 7. August, 14 Uhr und 15.30 Uhr, am Kyffhäuserdenkmal. (mz)


