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Teures Missgeschick Teures Missgeschick: Dieser Mann zersägt vermutlich antike Meistergeige

Von Beate Thomashausen 07.12.2018, 16:00
Peter Scheuch mit dem Diorama in dem Geigenkörper, den vielleicht ein Superstar unter den italienischen Geigenbauern gefertigt hat.
Peter Scheuch mit dem Diorama in dem Geigenkörper, den vielleicht ein Superstar unter den italienischen Geigenbauern gefertigt hat. Klaus Winterfeld

Gonna - Alte Musikinstrumente sind Wertanlagen. Das weiß Peter Scheuch, selbst Maler und Musiker. Er ist interessiert an Kunst und Geschichte.

Und in der Region ist er bekannt als jemand, der ein Händchen dafür hat, ausgefallene Ideen in die Tat umzusetzen.

Schloss Sanssouci ließ er in seinem Garten als Modell entstehen. Ganz besonders hängt sein Herz aber an Zinnfigürchen, die er in Dioramen prächtig in Szene setzt.

Um die passenden Rahmen für seine Darstellungen zu schaffen, greift Scheuch auch auf ausgefallene Ideen zurück und ist häufiger Gast bei Antiquitäten- und Gebrauchtwarenhändlern.

So auch vor kurzem in Würzburg. Dort wurden zwei in die Jahre gekommene Geigenkörper zum Kauf angeboten. Fünf Euro sollte eine Geige kosten. Scheuch nahm beide mit, denn die ausrangierten Instrumente waren für ihn die geeignete Kulisse für ein Sinfonieorchester aus der Zeit Mozarts.

Daheim angekommen, unterzog er die Instrumente einer gründlichen Untersuchung und fand daran weder außen noch innen etwas Besonderes. Sie waren verschmutzt.

Und die erste der beiden Geigen, die er gedachte aufzusägen, hatte bis auf einen alle Stimmwirbel verloren und hatte weder Saiten noch ein Kinnbrett. Scheuch trennte so den ersten Geigenkörper auf, um den Rahmen für seine Zinnfiguren vorzubereiten.

Zettel unter Staubschicht gibt Aufschluss

Als der Geigenkörper geöffnet war, fand Scheuch unter einer Schmutzschicht einen Zettel der Aufschluss über den Geigenbauer und das Jahr der Herstellung gab: „Bergonzi, 1757“.

Da musste sich Scheuch erstmal setzen. Dass das unscheinbare und nun völlig zerstörte Instrument einem so berühmten Geigenbauer zuzuschreiben war, damit hatte der Gonnaer nicht gerechnet.

Bergonzi-Geigen erreichen sechsstellige Preise

Carlo Bergonzi lebte von 1683 bis 1747 in Italien in Cremona. Er ist einer der Superstars unter den italienischen Geigenbauern des 18. Jahrhunderts und wird in einem Atemzug mit dem berühmten Stradivari genannt.

„Auf jeden Fall werden seine Instrumente, wenn sie denn gut erhalten und vollständig sind, zu sechsstelligen Preisen gehandelt“, weiß Scheuch. Klar, dass ihm da die Knie zitterten, als ihm das bewusst wurde.

„Aber kaputt ist kaputt. Ich kann jetzt nichts mehr rückgängig machen“, sagt er mit großem Bedauern. Auf jeden Fall habe er mit dem letzten erhaltenen Wirbel der Geige einen Goldschmied aufgesucht, denn in den Wirbel war ein kleiner goldener Bogen eingearbeitet.

Und tatsächlich bestand dieser Bogen aus Gold. Für ihn ein Indiz, dass es eine echte Bergonzi sein könnte. Mittlerweile hat Scheuch jedoch das Sinfonieorchester aus Zinn in dem aufgetrennten Instrumentenbauch angeordnet.

Doch nur eine Fälschung?

„Ich habe natürlich alles dokumentiert und fotografiert, was mit der Geige zu tun hat“, sagt Scheuch, der noch immer sehr geknickt ist, weil er den wahren Wert des Instruments nicht sofort erkannt hatte.

Die zweite Geige ist kein Geschwister des ersten Instruments, sondern kommt aus Elmshorn und ist ein Instrument, das sehr viele Geiger besaßen und vielleicht sogar noch besitzen. „Sie ist nicht so wertvoll wie es das andere Instrument wahrscheinlich ist.“

Was das erste Instrument betrifft, besteht noch die kleine Hoffnung, dass es sich bei dem Geigenbauer nicht um den berühmten Vater, sondern um einen seiner drei Söhne handelt. Und im günstigsten Fall handelt es sich sogar um eine Fälschung.

Aber gut gemacht, erzielen selbst die nachgemachten Bergonzis Preise weit über den fünf Euro, die Scheuch in den Kauf des Instrumentenkörpers investiert hat. (mz)