Tauben fliegen nicht mehr
Sangerhausen/MZ. - drei Wettkämpfen verloren die Züchter mehr als ein Fünftel ihrer wertvollen Tauben. Dafür gebe es nicht nur eine einzige Ursache, sagt Richard Rennecke. Er ist der Sangerhäuser Flugleiter der Reisevereinigung, züchtet selbst seit seinem 14. Lebensjahr Brieftauben und hat so hohe Verluste wie in diesem Jahr noch nie erlebt.
Bereits im vergangenen Jahr mussten die Sangerhäuser Brieftaubenzüchter, und mit ihnen die aus Eisleben und Nebra, einen Richtungswechsel von Westen nach Osten vollziehen. "Mit dem Ausbruch der Vogelgrippe untersagte Frankreich den Auflass von Brieftauben", erklärte Rennecke. "Wir haben uns auf alte Traditionen besonnen und wechselten in den Osten nach Polen." Man wisse, dass diese Umstellung den Tieren einiges abverlange, als alleinige Ursache dafür, dass fast ein Viertel der Tauben nicht mehr in den heimischen Schlag zurückkehrt, mag er dies nicht ansehen.
"Es muss noch andere Gründe dafür geben, dass der Orientierungssinn der Tauben gestört wird", sagt der Züchter. Brieftauben orientieren sich mit einem bestimmten Sinnesorgan im Unterschnabel am Magnetfeld der Erde sowie optisch am Stand der Sonne. Sonneneruptionen. Handystrahlung. Ortungssysteme. Radar von Flughäfen. Rennecke benennt einige Dinge, die als Ursache in Frage kommen. Sogar wolkenloser Himmel wird von Brieftaubenzüchtern als eine Ursache für Orientierungsstörungen der Tiere angesehen. "Es kommt schon mal vor, dass Reisevereinigungen wegen zu hoher Verluste den Wettkampfbetrieb einstellen", sagt Klaus Kühntopp vom Bundesverband der Deutschen Brieftaubenzüchter. Er ist der Chefredakteur der Verbandszeitschrift "Brieftaube". Im Falle der Reisevereinigung Mansfeld-Südharz sieht er den Richtungswechsel als die wahrscheinlichste Ursache der hohen Tierverluste an. "Jeder Richtungswechsel benötigt einige Zeit, ehe sich die Tauben umgestellt haben", sagte er der MZ. Aus der Erfahrung der Jahrzehnte habe sich gezeigt, dass die Tauben einen Wechsel von Osten nach Westen besser verkraften als umgekehrt. Um den Tieren die Umstellung zu erleichtern, müsse man besonders kurze Flugstrecken wählen, rät der Bundesverband. "Leider wird selten darauf gehört", so Kühntopp. Ob sich die Strahlung von Mobilfunkmasten auf die Tauben auswirke, dazu gebe es laut Kühntopp bisher keine Untersuchungen. "Was untersucht worden ist, ist die Wirkung von starker Radaraktivität auf Zugvögel. Dies hatte Auswirkungen auf die Vögel", so Kühntopp. "Die Radaraktivität eines normalen Flughafens dürfte diese Auswirkungen aber nicht haben. Meist sind menschliche Fehlentscheidungen die Ursache."