Stausee Kelbra Stausee Kelbra: Angst um die Kraniche

Kelbra - Helga Bauersfeld ist sauer. „So geht es nicht weiter“, schimpft die Vorsitzende des Fördervereins Numburg, der am Stausee Kelbra eine Naturschutzstation betreibt. Grund ihres Ärgers ist der Wasserstand in der Talsperre. Der zuständige Talsperrenbetrieb in Blankenburg habe in diesem Jahr zu spät damit begonnen, das Wasser des künstlichen Sees abzulassen. „Dadurch sind die Kraniche gefährdet worden, die seit Mitte September dort rasten“, sagt sie. Die Vögel, die zumeist aus dem Baltikum und Finnland stammen, stärken sich in Kelbra vor ihrem Weiterflug nach Frankreich oder Spanien. Nach der weiten Strecke entkräftet, bräuchten die Tiere Schlickflächen im See. Nur dort fänden sie Schutz vor Füchsen oder Wildschweinen, sagt sie.
Doch diese Flächen habe es tagelang nicht gegeben, da der Talsperrenbetrieb erst am Dienstag vergangener Woche damit begonnen habe, die Talsperre zu leeren, sagt Bauersfeld. Nach ihrer und der Ansicht einer ganzen Reihe anderer Umwelt- und Naturschutzverbände viel zu spät. Einige Kraniche seien, weil es zu wenig Schlickflächen gab, im Wasser umgekommen. Andere hätten die Nächte auf angrenzenden Feldern verbracht und seien so den erwähnten Füchsen oder Wildschweinen zum Opfer gefallen.
Der Talsperrenbetrieb weist die Vorwürfe zurück. „Wir haben nicht anders gehandelt als früher“, sagt Joachim Schimrosczyk, der stellvertretende Geschäftsführer. Lediglich im vergangenen Jahr sei der See eher geleert worden. Grund dafür seien damals aber notwendige Arbeiten am Hauptstauwerk gewesen. Aufgrund der relativ hohen Wassertemperatur im Stausee sei es in diesem Jahr auch nicht möglich gewesen, eher Wasser an die Helme abzugeben, da der Fluss sonst Schaden genommen hätte. Der Talsperrenbetrieb versuche, allen Nutzern des künstlichen Sees gerecht zu werden. Generell sei es aber kaum möglich, alle gleichermaßen zufriedenzustellen. Dazu seien deren Interessen zu unterschiedlich. Die Segler zum Beispiel wollten möglichst lange segeln, die Angler eine saubere Helme und die Vogelschützer die Schlickflächen haben. Schimrosczyk: „Es müssen deshalb immer Kompromisse gesucht und gefunden werden. Es allen recht zu machen, ist nicht möglich“.
40.000 Kraniche werden erwartet
Der Förderverein Numburg spricht von „Ausreden“. „Zu DDR-Zeiten ist zum Beispiel immer Mitte September mit dem Ablassen des Wassers begonnen worden. Am 5. Oktober musste der Stausee leer sein“, sagt Bauersfeld. Der Förderverein und andere Umweltverbände hatten nach eigenen Angaben in den vergangenen Tagen massiv Druck gemacht und sich unter anderem beim Bundesamt für Naturschutz, den Umweltministerien in Sachsen-Anhalt und Thüringen dafür eingesetzt, dass das Wasser abgelassen wird. Das passiert zurzeit. „500.000 Kubikmeter fließen pro Tag aus dem See, so dass es in den nächsten Wochen nun hoffentlich keine Probleme mehr gibt“, sagt Bauersfeld.
Bis Ende Oktober werden 40.000 Kraniche am Stausee erwartet. Im Moment haben die Naturschützer über 20.000 Tiere dort gezählt. Die Vorsitzende des Fördervereins will aber weiter kämpfen: „So etwas wie in diesem Herbst darf nicht noch einmal passieren“, sagt sie. Die Umweltverbände seien entschlossen, das nicht hinzunehmen. Es müsse eine klare Verordnung darüber geben, wann genau das Wasser im Stausee abgelassen wird. Sie will das Problem nun auch bei einem Besuch von Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Bündnis 90/Grüne) ansprechen. Die Ministerin hat sich noch für Oktober in der Naturschutzstation am Stausee angekündigt. (mz)