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Sondershausen Sondershausen: Hobby-Kanoniere trafen sich zum Wettkampf

Von Helga Koch 17.06.2013, 16:01
Roßlaer Kanoniere: Dieter Graneß (li.) und Gernot Ganß
Roßlaer Kanoniere: Dieter Graneß (li.) und Gernot Ganß MZ Lizenz

Sondershausen/MZ - Seine Majestät schüttelt das Haupt. Nein, die Strehlaer Kanoniere haben diesmal keinen guten Tag erwischt. „Sie treffen nicht mehr“, sagt August der Starke. Majestät hat aus Zabeltitz auch Tochter Amy (6) und Sohn Leon (8) mitgebracht, die als Prinzessin und Prinz edle Gewänder tragen, vom Biwak begeistert sind und sich die Erbsensuppe aus der Feldküche der Bundeswehr schmecken lassen. Auf dem Standort-Übungsplatz in Sondershausen trägt der in Allstedt beheimatete Verband Deutscher Schwarzpulverkanoniere (VDSK) die internationale Meisterschaft der leichten Feldartillerie aus.

Dieser Sportwettkampf sei einzigartig in Europa, erklärt der Vorsitzende, Volker Grabow aus Sangerhausen. Und weil scharf geschossen wird, gelten strenge Bestimmungen: „Eine Kommission überprüft jedes Geschütz, der Stempel des Beschussamtes wird geprüft, genau wie die Sprengstoffgenehmigung und die Prüfmarke.“ Außerdem ist der Bereich um die Geschütze strengstens abgeriegelt. Fünf Schuss dürfen, jeweils nach einem Signal, innerhalb einer dreiviertel Stunde abgegeben werden. Wobei sich die Kanoniere und Mannschaften beim Nachladen schon beeilen müssen. Als Ziel dienen Musketenscheiben, 100 beziehungsweise 200 Meter entfernt. 500 oder 1 000 Ringe sind möglich. „Der Rekord liegt heute bei 390 Ringen auf 100 Meter“, sagt Grabow zufrieden. „Der Wettkampf hat ein sehr hohes Niveau.“

Wettkämpfe der leichten Feldartillerie - also mit einem Kaliber von 51 bis 90 Millimetern - gibt es sonst nirgends, sagt Bernhard Gerhäuser. Der Augsburger gehört dem Allstedter Verband an. Auf einem Tieflader hat er „Pauline“ mitgebracht, einen „Dreipfünder, ähnlich den Geschützen aus dem Dreißigjährigen Krieg. Vor zehn Jahren hat Gerhäuser das Hobby für sich entdeckt. Nun ist er „Feldzeugmeister“ der Kaiserlichen Artillerie Augsburg. Pro Jahr gibt er mit „Pauline“ 20, 30 Schuss scharf ab, also mit Eisenkugeln. Ansonsten werde ja nur geböllert: ohne Kugeln, aber mit Schwarzpulver, viel Rauch - und laut! „Da schieß’ ich schon mal 200 Kilo durch“, lacht der 52-Jährige, der sonst in der IT-Branche zu Hause ist.

Günstig ist es für die Roßlaer Günter Einicke und Gernot Ganß, dass der Wettkampf im Nordthüringischen stattfindet. Sie haben „Margot“ mitgebracht, ein Geschütz mit 56,5 Millimetern Kaliber, das sie in Hunderten von Stunden selbst gebaut haben. Ganß hat die Metallarbeiten übernommen, Einicke alles, was mit Holz zu tun hatte, und Schmiedemeister Herbert Luschmann für kunstvolle Beschläge gesorgt. „Wir haben vor allem viel Spaß dabei gehabt.“ Und so habe die Schützenkompanie Goldene Aue von 1848, dessen guter Geist Gernot Ganß’ Ehefrau Margot ist, etwas ganz Besonderes, „damit die Jungs auch Spaß haben“.

Im August sind die Kanoniere das nächste Mal zu erleben: auf Burg Bornstedt. Mit „Pauline“ und „Margot“. Und natürlich mit August dem Starken, der sich wieder ins Zeug legen wird: „Die Honoratioren begrüßen, die Front abschreiten, mal ein Hufeisen verbiegen oder einen Humpen leeren.“ Dort wird Majestät aber hoffentlich keinen Grund haben, über „seine“ Strehlaer den Kopf zu schütteln - beim Böllerschießen…