Schicksal Schicksal: Wie Gertraud Meyer seit über 30 Jahren gegen Rheuma kämpft

Roßla - Gertraud Meyer sitzt am Küchentisch, die Gehhilfen griffbereit in der Nähe. Seit dem schweren Rheumaschub am Pfingstwochenende käme sie ohne deren Hilfe gar nicht von einem Zimmer ins andere. Oder zur Garage, an deren Wand die Sonnenblumen leuchten. Die Roßlaerin hat sie vor ein paar Jahren gemalt und nun noch einen großen Fliegenpilz hinzugefügt.
Das Malen, erzählt die frühere Lehrerin, bereite ihr große Freude - obwohl sie wegen des Rheumas oft starke Schmerzen hat und nur an manchen Tagen zu Pinsel und Farbe greifen kann. Die Krankheit wurde 1984 festgestellt. Inzwischen hat Frau Meyer mehrere Hüftgelenksoperationen hinter sich, die teils mit erheblichen Komplikationen und Nebenwirkungen einhergingen.
Gertraud Meyer lässt sich trotz Rheuma nicht unterkriegen
Sie saß mal ein halbes Jahr im Rollstuhl, muss regelmäßig zum Rheumatologen nach Halle fahren, ist auf Medikamente angewiesen - und lässt sich trotzdem nicht unterkriegen. Gertraud Meyer, Jahrgang 1949, stammt aus Bennungen. Sie war die mittlere von fünf Geschwistern, beizeiten habe sie sich um die beiden Jüngeren gekümmert, mit ihnen Hausaufgaben gemacht und gemalt.
„Ich habe Verkäuferin gelernt, wollte aber gern Kindergärtnerin werden.“ Daraus wurde zwar nichts. Doch auf dem zweiten Bildungsweg, über ein vierjähriges Fernstudium in Halle und ein halbes Jahr Direktstudium in Sommerswalde bei Berlin, wurde sie Pionierleiterin und Unterstufenlehrerin mit Kunst als Wahlfach.
„Während des Fernstudiums war unser großer Sohn schon geboren“, sagt Gertraud Meyer. Zum Glück habe ihre Schwiegermutter nebenan gewohnt und die Familie unterstützt. Dank ihrer Ausbildung konnte Gertraud Meyer später als Lehrerin bis Klasse 9 in Kunst unterrichten.
Lehrerin muss wegen Rheuma-Erkrankung vorzeitig in Rente gehen
Als sie wegen des Rheumas vorzeitig in Rente gehen musste, traf sie sich jeden Montag mit Gleichgesinnten bei der Volkssolidarität in Bennungen zum Malen. „Malen war immer mein Hobby, schon als Kind.“ Überall im Haus hängen ihre Bilder: leuchtend rote Mohnblüten, filigrane Orchideenripsen oder das Kyffhäuserdenkmal. Viele Bilder habe sie verschenkt, erzählt Ehemann Volker.
Vor anderthalb Jahrzehnten zog das Ehepaar aus der Mietwohnung in die Wilhelmstraße. Treppen könnte sie nicht mehr steigen, sagt die Rentnerin, deshalb hätten sie sich für ein Haus ohne Stufen und Schwellen entschieden. Ihnen gefalle die ruhige Lage, sie hätten nette Nachbarn. Das sei wichtig.
Auf dem Grundstück laden Sitzecken ein, der Rasen ist akkurat gepflegt, es grünt und blüht überall. „Die Ideen stammen meist von mir“, sagt Frau Meyer und schmunzelt. „Mein Mann setzt sie um.“ Sie selbst kümmere sich, wenn irgend möglich, um die vielen Pflanzen im Haus: „Blumen sind mein Ding.“ Das Kochen übernehme ihr Mann, das sei sein Hobby.
Familie Meyer freut sich auf Goldene Hochzeit im nächsten Jahr
Im Haushalt versuche sie sich nützlich zu machen, obwohl es oft schwer falle und sie sich quäle: „Aber ich will! Ich bin ehrgeizig und eine Kämpfernatur.“
Wenn Frau Meyer einen guten Tag hat, fahren sie mit dem Auto irgendwohin zum Kaffeetrinken oder auf einen Flohmarkt. Größere Reisen in den Süden kämen inzwischen nicht mehr in Frage, sagt Volker Meyer. 2019 wird das Ehepaar Goldene Hochzeit feiern: mit den Söhnen und Geschwistern und deren Familien, mit Freunden und Bekannten.
Und wenn Lina, die siebenjährige Enkelin, das nächste Mal aus Seesen zu Besuch ist, wird sie auf jeden Fall mit ihrer Oma malen. Darauf, sagt Gertraud Meyer, freuen sie sich beide. (mz)