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Oft vergeblich gewartet Sangerhausen: Taubenzüchter ziehen Bilanz der Saison

Von Ralf Kandel 12.12.2019, 11:50
Tauberzüchter Sangerhausen: Richard Rennecke, Erich Roßmeyer und Gerhard Wieprecht blicken mit zwiespältigen Gefühlen auf die Flugsaison der Brieftauben zurück.
Tauberzüchter Sangerhausen: Richard Rennecke, Erich Roßmeyer und Gerhard Wieprecht blicken mit zwiespältigen Gefühlen auf die Flugsaison der Brieftauben zurück. Kandel

Sangerhausen - Die Sieger sind in die Jahre gekommen. Zu den Erfahrensten im arg dezimierten Kreis der Brieftaubenzüchter zählt das Trio Erich Roßmeyer, Gerhard Wieprecht und Richard Rennecke. Ihr Wort gilt, hat Gewicht bei „Profis“ und den wenigen Neueinsteigern. Umso nachdenklicher macht es, wenn Roßmeyer verkündet: „2019 war kein gutes Taubenjahr.“

Dabei hätten doch Roßmeyer, Wieprecht und Rennecke allen Grund zur Freude. Schließlich sind ihnen durch ihre Tauben in der Flugsaison 2019 erste Plätze im wahrsten Sinn des Wortes nur so eingeflogen. Der Siegerpokal der Reisevereinigung Südharz-Sangerhausen ging an Roßmeyer, die Pokal-Meisterschaft sicherte sich Wieprecht, bei den Jungtauben hatte Rennecke die Nase vorn.

Sangerhausen: Verein der Brieftaubenzüchter hat nur noch 17 Mitglieder

Insgesamt schickten acht der 17 Mitglieder der Reisevereinigung ihre rund 1.200 Tauben auf die Reise zu den Auflass-Orten. Wurde nach der Wende vorrangig im Westen gestartet, liegen die Auflass-Orte jetzt vornehmlich im Osten. Ein Dutzend Alttier-Flüge und vier Flüge für die etwa 270 Jungtiere standen auf dem Programm.

Die weiteste Strecke, die die Tiere zurücklegten, betrug 640 Kilometer, gestartet wurde in der Nähe der polnischen Hauptstadt Warschau. Rund zehn Stunden waren die Tauben unterwegs. Mit Spannung von den Züchtern erwartet, kamen sie ins Ziel. „Wie an der Schnur““, freut sich Roßmeyer.

Brieftaubenzüchter: Warten auf die Rückkehr der Tauben

Aber das war eben nicht immer der Fall. Oft warteten die Züchter vergeblich auf viele ihrer Tiere. Die Enttäuschung war manchmal groß. Eine Tatsache, die das Trio zu ihrer negativen Einschätzung der Saison brachte. „Es war egal, mit wem man gesprochen hat, überall gab es große Verluste“, sagt Wieprecht, mit 78 Jahren und großer Erfahrung ein guter Kenner der Szenerie.

Die Gründe sehen die Züchter in der immer größer werdenden Anzahl der Raubvögel, die die Reihen der Tauben lichten. Einen weiteren Aspekt nennt Roßmeyer: „Die Flüge fangen zu zeitig an. Die Tauben sind noch nicht so weit.“ Und er fügt resignierend in Richtung Regionalverband, der die Flüge plant, hinzu: „Aber auf uns kleine Leute hört niemand.“

Dabei seien die Tauben der Reisevereinigung Südharz-Sangerhausen „die Besten. Sie sind die härtesten, weil sie die weitesten Strecken zurücklegen.“ Und dennoch: Auf etwa 50 Prozent beziffern Roßmeyer und Wieprecht die Verluste. Kein Wunder, dass das Taubenjahr aus ihrer Sicht nicht gut war.

Taubenzucht: Man braucht Geduld, Geld und viel Liebe

Für Roßmeyer war es das letzte Jahr, in dem er seine Tauben auf die Reise geschickt hat. „Für mich ist Feierabend. 1953 habe ich mit der Brieftaubenzucht angefangen, irgendwann muss auch mal Schluss sein“, sagt er. „Früher hat das alles mehr Spaß gemacht. Es ist so ein schöner Sport.“ Aber nun fordere auch das Alter seinen Tribut. Trotzdem will er in Zukunft weiter Tauben züchten: „So lange ich kann.“

Umso trauriger finden es die erfahrenen Züchter, dass sich immer weniger Menschen für ihr Hobby begeistern. „Man braucht Geduld, Geld, ein bisschen Ahnung und viel Liebe“, bringt es Roßmeyer auf den Punkt. Über Jahrzehnte hat er all das vereint. Davon künden die vielen Pokale, die er und seine Tauben gewonnen haben. In guten wie in schlechten Taubenjahren. (mz)