Sangerhausen Sangerhausen: Stadtteile sind nun Quartiere
SANGERHAUSEN/MZ. - Bemüht man das Archiv der Mitteldeutschen Zeitung und gibt "IBA 2010" ein, so landet man im lokalen Sangerhäuser Bereich zwangsläufig im Jahr 2005. Im Februar 2005 war in der Sangerhäuser Zeitung erstmals von der IBA 2010 die Rede. Damals bedurfte es für dieses "IBA 2010" noch einer ausführlichen Beschreibung. Fünf Jahre später war das ganz anders. Und zwar nicht nur bei den zuständigen Leuten im Sangerhäuser Rathaus, die sich von Berufswegen intensiv mit der Internationalen Bauausstellung 2010 - also der IBA 2010 - beschäftigt haben. Zu denen aber gehören zweifellos Silvia Reichwald, Fachdienstleiterin Stadtplanung, und Stadtsprecherin Marina Becker. Nachfolgend der Versuch, mit beiden ein paar Eindrücke, die es rund um die IBA gab und die geblieben sind, aufs Papier zu bringen.
Gesamteindruck
Dinge, die viel Geld kosten, sollen nachhaltig sein. Man kann den Sangerhäuser IBA-Projekten sicher eine Menge nachsagen. Eines aber muss man ihnen nachsagen: Sie sind nachhaltig. Sie wurden nicht konstruiert, schon gar nicht nur für den Moment. Die Sangerhäuser IBA-Projekte sind Projekte für die Sangerhäuser geworden. Weil's um das Wohnen ging. Und noch besser: Um das Wohnen in vier verschiedenen Stadtteilen beziehungsweise Quartieren, wie man inzwischen dazu sagt. Und weil es darum ging, die Sangerhäuser an den Veränderungen in ihren Quartieren zu beteiligen.
Der Bergmann
Der Bergmann ist das Sangerhäuser Vorzeigeobjekt der IBA. Das umfangreichste ohnehin. Dabei gab es das Wohnviertel Bergmann bis dahin nur im Volksmund. Seit der IBA heißt nun auch eine Straße so wie das Denkmal, das sie seit Jahrzehnten prägt. In diesem Stück der ehemaligen Friedrich-Engels-Straße ist nichts mehr wie es einmal war. Am Bergmann entstanden 112 modernisierte und energieeffiziente Wohnungen der Städtischen Wohnungsbau GmbH. Augenmerk wurde auf moderne und alternative Heizungsanlagen gelegt, um Betriebs- und Heizkosten zu reduzieren. Die sanierten Wohnungen sind allesamt vermietet.
Kumpelplätze
Zwei Stück von diesen Begegnungspunkten sind in der Stadt entstanden. In der Westsiedlung "Am Bergmann" und im Wohngebiet Othaler Weg. Die Idee dazu ist gut: Bewohner gestalten ihr Umfeld mit. So geschah es. Es gab in den Arbeitskreisen zwar kein dichtes Gedränge, aber großes Interesse, bei jenen, die sich fürs Mitmachen entschieden. Auf dem einen in der Westsiedlung steht eine große Sonnenuhr, der andere ist vor allem ein Spielplatz. Beide Kumpelplätze - die Bezeichnung ist dem Bergmännischen entnommen - sollen Orte der Begegnung sein und mehr ersetzen als die gewöhnliche Bank vorm Wohnblock. Nicht von ungefähr wurden die Kumpelplätze aus einem Topf des "Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus" gefördert. Und wenn etwas vom Gewohnten abweicht, sind auch Kritiker nicht ganz weit. Die gab es, gibt es immer noch. Die Zeit wird zeigen, in welche Richtung sich der Daumen für die Kumpelplätze bewegt.
Alle wohnen
Ob jemand noch wohnt oder schon lebt, das bestimmt in Sangerhausen kein schwedischer Möbelgigant. Die Zeiten sind spätestens seit der IBA vorbei. Weil offenbar kluge Köpfe herausgefunden haben, dass das Wohlgefühl beim Wohnen nicht allein etwas mit einem Kuschelsofa, ausziehbaren Tischen und gemütlicher Innenraumbeleuchtung zu tun hat. Das Wohlgefühl kommt nun einmal von wohlfühlen. Und dafür reicht eine hübsch eingerichtete Wohnung nicht aus. Deshalb gibt es jetzt in Sangerhausen eine grüne Banane. In den offiziellen IBA-Dokumenten heißt das "Servicestützpunkt für alle Generationen", befindet sich in der Alban-Hess-Straße, ist einem Wohnungsneubau mit 48 barrierefreien Wohnungen angegliedert und längst eine gute Adresse für unterhaltsame, kreative und Serviceangebote. Ganz ähnlich verhält sich das im Wohnquartier Othaler Weg. Dort entstand neben dem Kumpelplatz ein Begegnungspavillon, der mittlerweile als "Mietz" stadtbekannt ist. Sowohl das Mietz als auch die grüne Banane sind Projekte, die in Kooperation mit dem Verein Projekt 3 entstanden sind und vom Verein auch betreut werden. Ein weiteres Bürgerzentrum steht in Südwest, das zeitgleich mit dem Wohnprojekt in der Oberröblinger Straße 1a entstanden ist und heute als Begegnungsstätte der Awo Wohnen und Wohlfahrt miteinander kombiniert.
Info-Box
Info-Box? Welche Info-Box? Die Rede ist von jener Treppe am Haupteingang zum Sangerhäuser Europa-Rosarium, die als Informations-Box für die Bauausstellung gedacht war. Und als Aussichtspunkt. Die Verantwortlichen der Bauausstellung fanden die Idee gut und stellten in alle IBA-Städte eine baugleiche Info-Box. Mit etwas gutem Willen und einem Augenzwinkern könnte man im Nachhinein sagen, dass die Box immerhin zusätzliche Sitzgelegenheiten geboten hat. Vermisst wird sie heute nicht.