Sangerhausen Sangerhausen: Kreis kassiert 41 Euro für zwei Eimer Schutt
SANGERHAUSEN/MZ. - So ein Häuflein Bauschutt, das verliert sich in der Landschaft. Fatal nur, dass Mutter Natur in und rings um Sangerhausen langsam zur Mülltonne verkommt. So schätzt das auch Klaus-Rüdiger Baer ein. Der Sangerhäuser sieht täglich die wilden Müllkippen, wenn er mit dem Hund unterwegs ist. Und er sieht sie täglich wachsen. Da wäre es für ihn doch ein Leichtes gewesen, sein bisschen Bauschutt, was neulich
anfiel, gleich mit zu entsorgen. Was Klaus-Rüdiger Baer nie in den Sinn gekommen wäre. Auch seine Restmülltonne hat er damit nicht belastet. "Bauschutt gehört dort nicht hinein", so Baer, der mit seiner Mini-Ladung zum Wertstoffhof des Eigenbetriebes Abfallwirtschaft in die Oststraße von Sangerhausen fuhr. Seinen Bauschutt ist er allerdings nicht losgeworden, weil er nicht bereit war, 41 Euro Grundgebühr für zwei Plasteeimer voll Schutt hinzublättern. Grotesk: Seinen Angaben zufolge hat die Schuttlast den Zeiger der Schwerlast- beziehungsweise Fahrzeugwaage nicht einen Millimeter bewegt. Und so hieß es vor Ort auch: Das sei ja so wenig. Und trotzdem: 41 Euro. "Die Gebühr steht in keinem Verhältnis zur Menge", begründet Baer seine Entscheidung, die beiden Eimer zu schnappen und nach Edersleben zur Wertstoffaufbereitung GmbH zu fahren. Auch dort zuckte der Zeiger der Waage nicht, seinen Bauschutt musste Baer trotzdem nicht wieder mitnehmen.
Der Landkreis beruft sich auf die vom Kreistag beschlossene Abfallgebührensatzung, wonach die so genannte Kleinstanlieferergebühr für Bauschutt bei eben jenen 41 Euro liegt. "Unter Berücksichtigung der aktuell satzungsgemäßen Gebühr für Bauschutt würden die tatsächlichen Kosten für zwei Eimer Bauschutt, gewichtsabhängig, zwischen einem und drei Euro liegen", so ein Sprecher der Kreisverwaltung auf MZ-Anfrage. "Um diese genau zu ermitteln, müssten auf den Wertstoffhöfen eichfähige Waagen mit Belegausdruck angeschafft werden", heißt es dazu. Die Anschaffungskosten dieser Wagen - nach Angaben vom Kreis etwa 500 bis 700 Euro pro Stück - müssten über die Abfallgebühr umgelegt werden. Möglich sei auch die Festsetzung einer pauschalen Gebühr in Form von Euro pro Eimer oder Ähnliches. Dann stünde aber dem Kreistag eine Satzungsänderung ins Haus.
Für Rentner Baer ist der Fall gelaufen. Aus dem Kopf geht er ihm aber nicht. Nachdenklich wird der Sangerhäuser deshalb, weil ihm die vielen, vielen wilden Müllkippen, an denen er täglich so vorbeikommt, nun in einem neuen Licht erscheinen. Er kann Müllfrevel nach wie vor nicht gut heißen, wundert sich aber inzwischen nicht mehr, wenn wieder irgendwo ein Schuttberg auftaucht. Und Baer kennt viele Stellen: am Gerichtsweg, an der Wasserschluft und auf vielen Feldwegen.
Auch die Ordnungshüter der Stadt wissen darum. "Wir haben inzwischen einen Mitarbeiter, der sich ausschließlich mit dieser Problematik beschäftigt", bestätigt Udo Michael, der zuständige Fachbereichsleiter im Sangerhäuser Rathaus. Er spricht von einem sehr hohen personellen Aufwand, wenn es um die Recherche nach den Umweltsündern geht. Da kämen, so Michael, schnell mal 2 000 Euro allein an Verwaltungsleistungen zusammen. Zudem müsse die Stadt für die Entsorgung aufkommen. "Wir sind froh, dass es inzwischen Leute gibt, die uns Kenntnis von Umweltverschmutzung geben. Solchen Anzeigen werden auf Wunsch auch anonym behandelt", so Michael. Wer erwischt werde, müsse mit einer empfindlichen Strafe rechnen. "Das Bußgeld kann auch schon mal vierstellig ausfallen", bestätigt der Fachbereichsleiter.