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  7. 34 Jahre Bürgermeisterin: Mathilde Kamprad übergibt Amt in Winkel

Ende einer Ära Wechsel in Winkel nach 34 Jahren: Bürgermeisterin geht in den Ruhestand

Bürgermeisterin Mathilde Kamprad hat sich mit 86 in den Ruhestand verabschiedet und das Amt an ihren Nachfolger übergeben.

Von Grit Pommer Aktualisiert: 09.08.2024, 16:43
Mathilde Kamprad übergibt den Schlüssel an ihren Nachfolger Torsten Barwig (li). Allstedts Bürgermeister Daniel Kirchner verabschiedet sie mit Blumen.
Mathilde Kamprad übergibt den Schlüssel an ihren Nachfolger Torsten Barwig (li). Allstedts Bürgermeister Daniel Kirchner verabschiedet sie mit Blumen. Foto: G. Pommer

Winkel/MZ. - Sanierte Straßenzüge, schmucke Hausfassaden, gepflegte Grünanlagen – Winkel ist ein grundsolides, picobello aufgeräumtes Dörfchen. Was hier in den vergangenen Jahrzehnten erreicht wurde, trägt zum großen Teil die Handschrift einer energiegeladenen Frau, die seit 1990 als Bürgermeisterin die Fäden zusammengehalten und die Dinge vorangetrieben hat. Nach den ersten freien Kommunalwahlen in der DDR am 6. Mai 1990 hatte Mathilde Kamprad das Amt übernommen, seit dem Jahresende 1989 hatte sie es schon kommissarisch ausgeübt.

Von den Nachwendejahren sollte sie später schwärmen. Damals sprudelte das Fördergeld üppig, man musste sich nur einig sein und zugreifen. Zusammen mit ihrem tatkräftigen Gemeinderat konnte die Ortschefin viel bewegen. Zugute kam ihr dabei, dass sie sich mit Verwaltung und Finanzen auskannte. Ab 1963 hatte sie bei der Gemeinde Winkel gearbeitet, sich später in Wolferstedt um die Finanzen gekümmert.

Das Schild aus Berlin hängt in Winkel noch an der Fassade

Als nahezu durchsaniertes Schmuckstück bewarb sich Winkel im Dorfwettbewerb, schaffte es 2001 bis in die Bundes-Endrunde und holte Bronze. Das Schild hängt noch heute an der früheren Gemeindeverwaltung, die auch dann Mathilde Kamprads Refugium blieb, als es keine weiteren Mitarbeiter mehr gab. Ihre offiziellen Sprechzeiten am Dienstag und Donnerstag musste sich keiner merken – sie war montags bis freitags jeden Morgen ab 7 Uhr hier.

Aus gesundheitlichen Gründen musste sie ab Herbst 2022 kürzer treten. Seit der konstituierenden Sitzung des neuen Gemeinderates gibt es nun einen Nachfolger: Torsten Barwig, der seit 2019 dem Ortschaftsrat angehört und seitdem schon Stellvertreter war, ist nun der neue Ortsbürgermeister von Winkel.

„Meine Handynummer haben fast alle hier im Dorf“

In das Amt wird er sich noch ein bisschen reinfuchsen müssen. „Ich musste ja hier bisher nicht viel machen“, erklärt der 54-Jährige gelernte Kfz-Mechaniker, der bei einem großen Autohaus das Geschäft rund um die Ersatzteile managt. Dass er das Ortsbürgermeisterbüro nicht wie seine Vorgängerin die ganze Woche über besetzen kann ist klar. Es wird wohl eine wöchentliche Sprechstunde am Abend geben. Wann genau, das steht noch nicht fest.

Doch in Winkel mit seinen 287 Einwohnern braucht man auch keine offizielle Sprechzeit, um mit dem Ortschef in Kontakt zu treten. „Meine private Handynummer haben, glaub’ ich, fast alle hier im Dorf“, sagt Barwig und lacht. Der neue Ortsbürgermeister ist ein Ur-Winklischer, der so gut wie sein ganzes Leben hier verbracht hat. Seit vielen Jahren ist er Maschinist bei der Freiwilligen Feuerwehr, deren Förderverein er leitet. Letzteres Ehrenamt wird er wohl abgeben müssen, weil die Zeit nicht für alles reicht.

Den Schlüssel fürs Gemeindebüro hat ihm Mathilde Kamprad jetzt überreicht – und ist ihrerseits von Allstedts Bürgermeister Daniel Kirchner mit Blumen in den mehr als verdienten Ruhestand verabschiedet worden. Dass ihr Nachfolger sich mit Fragen jederzeit an sie wenden kann ist Ehrensache, versichert die 86-Jährige. Denn ihren Erfahrungsschatz, den kann sie auch aus der kommunalpolitischen Rente beisteuern.