Motorradtreffen Motorradtreffen: Legenden am Stausee
KELBRA/MZ/SRO. - Da war es wieder, dieses Kribbeln in der Magengegend: Wer am Freitagabend das Gelände der Talsperre Kelbra betrat, war dem Emmenrausch erlegen. Suzi Quatro, mit Jeans, Sweatshirt und Sonnenbrille, steht auf der Bühne zum Soundcheck, während die MZ-Fans ihre Maschinen, liebevoll "Emmen" genannt, auf Hochglanz poliert zur Schau stellen. Rosi Götz (56) und Enkel Darius (2) aus Dresden fahren mit dem Pocket-Bike zur Bühne, um den Soundcheck mitzuerleben. Die Queen des Rock'n'Roll spielt nicht nur Bass und singt, sondern setzt sich auch ans Keyboard und spielt ein Lied an. Schon jetzt ist für die meisten vor der Bühne klar: Das Kommen hat sich gelohnt.
Aber noch ist Zeit, das Gelände zu inspizieren und die Emmenrausch-Gemeinde zu treffen. Der Teileflohmarkt zieht die Besucher magisch an: Motorradhelme, Maschinenteile, Literatur, selbst ein Kartenspiel zur Straßenverkehrserziehung gibt es. In einem Motorteil liegt Stroh und man erwartet, dass ein Huhn darin ein Ei versteckt hat. Der Blick schweift über eine Sammlung von Helmen, zu der ein Polizeihelm ebenso gehört wie eine "Kasko-Schüssel".
Sebastian Lammert aus Bad Frankenhausen ist in den zahlreichen Ersatzteilkisten fündig geworden. Er kauft ein Ritzel. "Das gibt es zwar als Neuware billiger", sagt er. "Aber das alte Material ist zuverlässiger." Dass sich eine sorgfältige Materialauswahl bei der Restaurierung der Maschinen lohnt, weiß auch Norman Black aus Allstedt. Er zeigt seine MZ, Baujahr 1989, samt Pokal, den er beim Wettbewerb der Zweiräder verteidigen möchte. Die Maschine hat rund 1 000 Kilometer auf dem Tacho. "Eigentlich ist sie zu schade zum Fahren", sagt er.
Dagegen ist Torsten Ludwig (27) aus Sondershausen mit seiner ES 250 in diesem Jahr bis an die Ostsee gefahren. "Natürlich nur bei schönem Wetter", sagt er und fügt begeistert hinzu: "Überall kommt man mit den Leuten ins Gespräch." Bester Beweis: Rolf Weißbach (63) aus Zschopau, dem Geburtsort der Maschinen. Er selbst besitzt drei "Emmen" und trägt ein Nicki, in das er seit 30 Jahren "reinwächst". Nachdem er schon im vorigen Jahr dabei war, nutzt er das Treffen diesmal für einen Kurzurlaub in der Region.
Emmenrauscher sind humorvoll und gesprächig. Sie zeigen ihre Herkunftsregion mit dem Ortsschild an, und so hatten die "MZ Freunde aus Rostock" wohl mit den weitesten Anreiseweg. "Wir werden immer mehr", sagt Holger Baum zufrieden und begrüßt Freunde aus dem sachsen-anhaltinischen Burg. MZ verbindet.
Im Lager Hackpfüffel brutzeln schon Würste und Steaks. Die Hackpfüffeler "Ratze" sind mit dem (MZ)-Wiesel da. Stolz wird die sorgfältig angekettete Maschine, Baujahr 1957, gezeigt. Mit familiärer Gemütlichkeit freuen sich die 17 Leute aufs weitere Programm.
Auch als nach der Vorband Tänzchentee eine Motorrad-Stuntshow gezeigt wird, bleiben die echten Suzi-Quatro-Fans in vorderster Reihe an der Bühne. Hier haben es sich Birgit Mathe aus Dresden, die mit Größe, Haarschnitt und Lederoutfit ihrem Idol ähnlich sieht, und Petra Taubert aus Halle seit Stunden eingerichtet. Sie sind auf dem Laufenden, was die in England viel beschäftigte Suzi Quatro an Fernsehsendungen plant. Das macht noch neugieriger: Schließlich ist seit dem einzig erreichbaren Poster, das Mitte der 70er Jahre im eigenen Kinderzimmer an der Wand hing, doch schon einige Zeit vergangen. Und dann steht Suzi Quatro, wie immer ganz in Leder mit der scheinbar zu großen Bassgitarre, vor dem Publikum. Ihre Augen blitzen, als die Musik erklingt, mit neuen und bekannten Liedern zum Mitsingen. Zwei Zugaben ringt ihr das Publikum ab. Es applaudiert und weiß die Queen des Rock'n'Roll zu schätzen: Sie ist eben zuverlässig und schenkt Freude, genau wie die "Emmen".