Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Münzgeschichte beleuchtet
STOLBERG/MZ. - Gört Guido Schulz hat jetzt in feierlichem Rahmen sein Lebenswerk "Stolberg - Bergbau und Münzwesen im 18. Jahrhundert" vorgestellt. Mehr als 500 Seiten und über 19 000 Abbildungen verdeutlichen die maßgebliche Bedeutung des Bergbaus und der Verhüttung und Verarbeitung des Erzes der heutigen Europastadt. "Das Buch ist ein Jahrhundertwerk", konstatierte Ulf Dräger vom Landesmünzkabinett Sachsen-Anhalts. Schulz, ein Assessor des Bergfachs, hat an dem Werk 40 Jahre gearbeitet.
Auf dem Prager Wenzelsmarkt fiel ihm die erste Münze mit dem Stolberger Wappen, ein Hirsch mit senkrecht stehender Säule, in die Hände. "Das Interesse, nachzuforschen, woher die Münzen kommen, welche es gibt und welche Geschichten sich dahinter verbergen, kam aber erst nach einiger Zeit", erzählte er den interessierten Zuhören, unter denen sich auch Christoph Ludwig Prinz zu Stolberg-Stolberg, mit seiner Mutter, Fürstin Sylviane Janssens van der Maelen aus dem belgischen Fürstenhaus, befanden.
Für seine Recherche gelang es Schulz, auf Originalunterlagen aus dem 18. Jahrhundert zurückzugreifen. Stolberg lebte im 18. Jahrhundert vom Bergbau auf Silber. Europaweit waren die in Stolberg geprägten Münzen gefragt. Sie waren gleichzeitig ein Werbeträger nach außen und signalisierten, wie es in Stolberg aussah, dass es Bergwerke und anderes gab. Die Besonderheit dabei war nicht allein, dass in Stolberg das Erz gefördert, verhüttet und verarbeitet wurde, sondern dass die Münzen zu 99,2 Prozent aus Silber bestanden - und das über den kontinuierlichen Zeitrahmen von 1705 bis 1796. "Nirgendwo sonst in Deutschland wurden über so eine lang andauernde Zeit und mit so hohem Silberanteil Münzen geprägt", verblüffte Schulz seine Zuhörer.
In Hochzeiten wurden in den Gruben in den Jahren 1722 / 23 pro Jahr jeweils mehr als eine Tonne Silber gefördert. Ein Rekordwert. Die Ausbeute pro Kuxe, das sind Bergwerksanteile und heutzutage vergleichbar mit Aktien, betrug zu dieser Zeit nachweislich zwölf Reichstaler pro Quartal. Unvorstellbar hoch, so der Referent. Bergbau und Münzwesen brachten Stolberg finanzielle Möglichkeiten. Diese finanziellen Zuwächse investierten die damaligen Grafen des Hauses Stolberg in den 1730er Jahren unter anderem in soziale Einrichtungen. Aufgrund dessen wurden eine Knappschaft für Bergleute sowie deren Angehörige sowie der Bau eines Waisenhauses geschaffen. Im Jahr 1796 ging die Silberprägung dann zu Ende.
Mit viel Detailtreue erzählt Schulz in seinem Buch unter anderem über die Aufwältigung alter und dem Aufschluss neuer Blei-Silber-Gruben, der Anlage von Teichen und Gräben zur Gewinnung hydromechanischer Energie oder dem Auf- und Ausbau der Silber- und Bleihütte im nur wenige Kilometer entfernten Harzort Straßberg. "Es ist großartig, dass das Museum in Stolberg erhalten und die alten Münzstempel für die Öffentlichkeit aufbewahrt werden", erklärte der Prinz, Sohn von Jost Christian Fürst zu Stolberg-Stolberg. Dass im Museum der "Alten Münze" heute noch originale Münzstempel zu sehen sind, ist nicht selbstverständlich, weiß der Vorsitzende des Stolberger Geschichtsvereines, Mario Bolte. "Denn sobald die Stempel abgenutzt waren oder neue Münzen geprägt wurden, wurden die alten Stempel üblicherweise vernichtet."
Im Museum in Stolberg befindet sich aber dennoch heute der Münzstempel einer wertvollen Medaille von 1710. Selbst für Schulz besitzt diese Prägung einen hohen ideellen Wert. "Von dieser Medaille wurden höchstens hundert Exemplare geprägt und darauf findet sich die einzige Grubendarstellung im 18. Jahrhundert", deutete Schulz in seinem Werk auf die Münze, die in natura einen Durchmesser von genau 43 Millimetern besitzt. Insgesamt rund 30 bis 40 originale Münzstempel können in der "Alten Münze" heute noch angeschaut werden. Sie geben einen Einblick in die interessante Münzgeschichte der jahrhundertealten Fachwerkstadt, die seit wenigen Jahren ein Ortsteil der Gemeinde Südharz ist.