Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Geflügelzüchter gewinnt bei Europameisterschaft
Einsdorf/MZ. - Wenn man bei Bornhakes in Einsdorf niemanden an die Telefonstrippe bekommt, entschädigt den Anrufer die ebenso erläuternde wie originelle Bandansage ganz bestimmt. Da heißt es nämlich: "Wir kümmern uns grad mit viel Müh, um unser liebes Federvieh." Mal ganz ohne Untertreibung: Wenn es um sein liebes Federvieh geht, überlässt Rudolf Bornhake nichts dem Zufall. Das sieht man schon, wenn man nur mal einen Blick auf das Grundstück wirft. Die Ställe sind eine Wucht. Vergleichbares findet man wahrscheinlich nur noch in professionellen Tierhaltungen und Zoos. Nun gut, Rudolf Bornhake ist nicht nur leidenschaftlicher Züchter von Rebhuhnhalsigen Italienern, er ist überdies mit gleicher Leidenschaft auch Tischler. Das sieht man den Bauten an, dass hier jemand vom Fach am Werke war. Ob sich der Aufwand lohnt? Na klar. Seit der großen Schau in Leipzig picken und scharren Europameister auf dem Bornhakeschen Hühnerhof.
Voller Stolz zeigt Rudolf Bornhake die Pokale, Medaillen und Urkunden, die er jetzt bei der Europaschau in Leipzig errang. Mit zwei Kollektionen reiste der Züchter aus Einsdorf nach Leipzig zur Schau. Eine Kollektion, so erklärt der Experte, besteht aus vier Tieren. Die höchste Punktzahl, die man für ein Tier erreichen kann, beträgt 100 Punkte. "Aber dieses ideale Tier gibt es eigentlich gar nicht", erklärt Rudolf Bornhake. Zwei, drei Punkte Abzug gebe ein Juror von vornherein. Und so erreicht Bornhake mit seiner Siegerkollektion stolze 383 Punkte. Ein vorzügliches Ergebnis, mit dem er die anderen Züchter der Rasse Rebhuhnhalsige Italiener auf die Plätze verwies. Bewertet werden die Größe und Gestalt der Tiere, die Gleichmäßigkeit des Gefieders und viele, viele Punkte, die dem Laien einfach verborgen bleiben, wenn er nicht vom Experten darauf hingewiesen wird. Immerhin konkurrierten Züchter mit insgesamt 170 Tieren in dieser Kategorie um den Titel. Wie er seine Kollektionen zusammenstelle, sei sein großes Geheimnis, so Bornhake. Noch nicht einmal seine Frau wisse da ganz genau Bescheid. Immerhin kann der Rassegeflügelzüchter auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Zur Geflügelzucht kam Rudolf Bornhake als er 33 Jahre alt war. "Horst Landgraf aus Osterhausen bestellte 1972 eine Tür bei mir in der Tischlerei. Eine Maßanfertigung, die er so nirgends bekommen hätte. Eine Verbundhebetür mit integriertem Fenster war das."
Als Dankeschön erhielt der junge Tischler Hühner zum Geschenk, denn der Türenkunde war Züchter und Mitglied im Osterhäuser Verein. "Es waren rebhuhnfarbige Italiener, wie die Rasse damals noch hieß", erklärt Bornhake, der sich dann auch sogleich in die Geflügelzucht hineinkniete. "Wenn ich etwas tue, dann richtig. Halbe Sachen kann ich nicht leiden." Zuvor hatte sich Bornhake mit ganzem Herzen im Fußball eingebracht. Er war Torwart beim Osterhäuser Fußballverein gewesen. Bis ihm eine Sportverletzung einen Strich durch die Rechnung machte.
Wie sich der Unfall zutrug, bei dem er sich am Anfang eines Spiels den Finger brach, weiß Bornhake heute noch ganz genau. Und auch, dass er trotz des gebrochenen Fingers im Tor blieb und mit seiner Mannschaft einen 3:1-Sieg heimbrachte. Immerhin war es das Spiel, das den Aufstieg der Osterhäuser in die Bezirksklasse klar machte. Der verletzte Finger brachte den Tischler dennoch zum Nachdenken. "Bei meiner Arbeit brauche ich doch meine Hände", sagte Bornhake, der übrigens 1953 in Wolferstedt seine Tischlerlehre begann. Nach seiner Sportkarriere engagierte sich Bornhake in seinem Beruf, absolvierte seine Meisterprüfung.
Und auch bei der Geflügelzucht machte er von Anfang an keine halben Sachen, so dass er bereits im Jahr 1975 das "Grüne Band" von Erfurt bekam, worauf der Züchter auch heute nach Jahrzehnten noch stolz ist. Auch bundesweit mischt der Einsdorfer Züchter in der Vereinigung aller Züchter von Rebhuhnhalsigen Italienern mit. In besten Zeiten seien das einmal 102 Mitglieder gewesen. "Jetzt sind wir nur noch 45", sagt Bornhake mit ein bisschen Wehmut. Deshalb freut sich Rudolf Bornhake noch mehr, dass er in der eigenen Familie Nachwuchs gewinnen konnte. Sein Enkel züchtet mittlerweile auch erfolgreich. Allerdings haben es ihm Zwerghühner angetan. Und klar, die Behausungen konzipierte und baute der Opa.