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Gefahr für andere Tiere? Luchs reißt Kamerunschaf im Südharz

Von Karl-Heinz Klarner 01.12.2018, 14:43
Bernd Gödecke mit dem gerissenen Schaf
Bernd Gödecke mit dem gerissenen Schaf Maik Schumann

Questenberg - Für Bernd Jödecke ist die Sache klar. „Das war der Luchs“, sagt der Senior und zeigt auf das tote Kamerunschaf. Hier, am Ortsrand von Questenberg, hält der 68-jährige Hobbyschäfer vier Schafe. Ein 1,80 Meter hoher Wildzaun sollte sie schützen. Genützt hat es nichts. Jetzt glaubt Jödecke, dass das erst der Anfang ist. Denn Jäger hätten ihm berichtet, dass seit Jahren der Bestand an Rehwild in dem Revier zurückgeht. „Luchs und Wolf sind auf dem Vormarsch und werden zum Problem“, mutmaßt der Questenberger.

Das will Steffen Engelmann, Vorsitzender der Jägerschaft Sangerhausen, nicht stehen lassen. „Es ist sicher richtig, dass die Rufe nach einer Abschussgenehmigung des Wolfes immer lauter werden, aber die Situation beim Luchs ist doch eine völlig andere“, sagt er. Während der Wolf eingewandert ist, wurde der scheue Jäger auf vier Pfoten vor fast 20 Jahren im Westharz ausgewildert. Und die streng geschützten Katzen leben nicht im Rudel, sondern einzeln in Revieren.

„Die Tiere haben in unserer Kulturlandschaft ihre Daseinsberechtigung“, sagt Engelmann. Zudem hielten sich die Attacken auf Nutztiere in der Region in überschaubaren Grenzen. „Natürlich wird auch mal ein Schaf gerissen“, räumt Engelmann ein. Auch Spaziergänger hätten die scheuen Katzen mit ihren unverwechselbaren Pinselohren schon zu Gesicht bekommen. Dass es Konflikte geben könnte, weiß Engelmann. Denn erfahrungsgemäß benötige ein Luchs ein Reh in der Woche für seinen Nahrungsbedarf.

Luchs-Bestand im Harz wächst langsam aber sicher

Über 200 Jahre ist es jetzt her, dass ein Jäger den letzten Luchs im Harz getötet hat. Heute gebe es nach vorsichtigen Schätzungen wieder 90 von ihnen in dem Mittelgebirge, sagt Ole Anders vom Luchsprojekt Harz. 24 Tiere wurden seit dem Jahr 2000 in Niedersachsen ausgewildert. Langsam wächst der Bestand der Katzen und Kuder, so heißen die Männchen in der Jägersprache.

Ein Männchen hat auch das Schaf von Bernd Jödecke gerissen. „Wir konnten es eindeutig identifizieren“, sagt Anders. Denn die Tiere werden im Rahmen eines Monitorings beobachtet. Sie haben keine Namen, sondern einen speziellen Code, um sie von anderen Populationen zu unterscheiden. In Questenberg war B1045M für den Riss verantwortlich. „Für den Halter ist das natürlich alles andere als schön“, räumt auch Anders ein.

Luchs im Harz reißen im Schnitt zehn Tiere im Jahr

Im Durchschnitt werden dem Luchsexperten aus dem Nationalpark zehn Risse im Jahr gemeldet, die auf den Luchs zurückgehen. Deshalb glaubt er nicht, dass die Wildkatzen zum Problem werden.

Im Gehege von Bernd Jödecke haben die Forscher vom Luchs-Projekt die Spuren gesichert. Jödecke darf auf eine Entschädigung hoffen. Für ihn steht fest: „Die Schafe werden abgeschafft. Dort sind sie nicht mehr sicher.“

(mz)