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Lichtlöcherberg in Hettstedt Lichtlöcherberg in Hettstedt: Wildrosen gedeihen auf Schlackenhalde

Von Roman Haeusgen 26.03.2002, 18:25

Hettstedt/MZ. - "Eigentlich fehlt nur noch der Skelett-Kopf eines Stieres oder Pferdes." Ein Witzbold amüsiert sich über das galgenartige Balkengestänge am Eingang zu dem Gelände, wo ein geschotterter Weg erst einmal im scheinbaren Nichts verläuft. An den Balken hängt ein Holzbrett, das andeutet, was hier in den vergangenen Monaten vollbracht worden ist - die Ähnlichkeit des Ganzen zu typischen Bildern, wie sie in Western-Filmen Einfahrten von Ranches kennzeichnen, hatte den Witzbold zu seiner Bemerkung veranlasst. Aber natürlich verstehen auch die anderen diese Anspielung und lachen mit über den Scherz.

Ausgelassenheit und gute Laune an einem nicht zu nasskalten Frühlingsvormittag: Vor allem die Mitarbeiter der Gesellschaft für Sanierung und Strukturentwicklung Mansfelder Land (GSG) haben Grund zur Freude. Sie können den Vertretern von Landkreis- und Stadtverwaltung sowie weiteren Interessenten vorführen, was innerhalb des zurückliegenden Jahres auf dem Lichtlöcherberg an der B 86 in Hettstedt geleistet worden ist. Das Areal - einst Industriebrache mit allen mehr oder weniger giftigen Anhäufungen, wie sie Kupfererzgewinnung und -verarbeitung in den vergangenen Jahrhunderten hervor gebracht haben, - wurde der Natur wiedergegeben. Dafür war ein solch hoher Aufwand nötig, dass GSG-Chef Gerhard Wicklein schlicht und einfach die Vergleichsmöglichkeiten fehlen, als er zur Besichtigungstour einlädt: "Was hier geleistet wurde, ist mit normalen Maßstäben nicht zu messen", so Wicklein.

Ein Rückblick in die Geschichte des Lichtlöcherberges lässt in der Tat ahnen, welche Schwierigkeiten die 50 Frauen und 25 Männer, die hier über zwölf Monate im Rahmen einer Strukturanpassungsmaßnahme (SAM) wirkten, zu überwinden hatten. Denn nach dem sich das insgesamt 13 Hektar große Gelände bis zum Ersten Weltkrieg aus anwachsenden Bergen von Rohhüttenschlacke gebildet hatte, kamen ab 1920 auch metallurgische Abfälle dazu. So genannte Wälz- und Zinkklinker stecken genau so in den Hügeln entlang von B 86 und Wipper wie Neutraschlämme, Flugstäube und Schlackengranalien der ehemaligen Bleihütte. Braunkohlenasche, Teer und Klärschlamm machen die unappetitliche Ansammlung komplett.

Nunmehr bietet sich der Lichtlöcherberg in seinem Ausmaß als ein weithin gefällig gestaltetes Areal, mit Grünflächen soweit das Auge reicht und Buschflächen aller Art - vor allem Wildrosen wurden in großer Anzahl angepflanzt. Nötig dafür war freilich, das weitläufige Gelände erst einmal neu zu profilieren, wie Maßnahmeleiter Dietmar Jäger berichtet. Schließlich wurden insgesamt 35 000 Tonnen Muttererde aufgebracht, 4,5 Tonnen Grassamen ausgesät und etwa 2 800 Sträucher angepflanzt, rechnet Jäger auf. Für die Angabe der Kosten zeigt sich Wicklein zuständig: Rund drei Millionen Mark (1 533 876 Euro) wurden dafür insgesamt ausgegeben. Vier Fünftel davon seien reine, vom Arbeitsamt beglichene Personalkosten präzisiert der GSG-Chef und meint: "Für diesen Preis wäre es einem gewerblichen Unternehmer gewiss nicht möglich gewesen, einen solchen Aufwand zu erbringen."

Die Renaturierung des Lichtlöcherberges ist übrigens zugleich Bestandteil des so genannten Ökologischen Großprojektes, das einst für die Beseitigung von Altlasten im Mansfelder Land erarbeitet worden ist und mit Bundes- wie Landesmitteln unterstützt wird. Grund für den Landkreis-Beigeordneten, diesen Zusammenhang heraus zustellen: "Mit dieser SAM zeigt sich eine nützliche Verknüpfung von Ökologischem Großprojekt und dem zweiten Arbeitsmarkt", so Frank Bayer.

Scheint der originell gestaltete Eingang zum Lichtlöcherberg nun auch zum Familienspaziergang einzuladen - genau dieser Effekt ist allerdings unerwünscht, wie Bayer deutlich macht. "Hier wurde eine Altlastenverdachtsfläche gesichert", erklärt er. Für die Allgemeinheit sei sie aber aus Sicherheitsgründen nicht zugänglich. Gewollt sei, dass das Gelände sich selbst überlassen bleibt und eine allgemeine Verbuschung eintritt.