Landesbühne Sachsen-Anhalt Landesbühne Sachsen-Anhalt: Blumen für die jungen Mimen
Eisleben/MZ. - Doch die Blumen waren beileibe nicht das einzig Bemerkenswerte. Denn auf der Bühne standen durchweg frisch gebackene Absolventen des Europäischen Theaterinstituts Berlin, die in Eisleben ihr erstes Stück spielten. Sie verstärken als Gäste vorübergehend das Ensemble der Landesbühne, allerdings ausschließlich in Andersens Märchen.
Hintergrund: Mit den fest an der Landesbühne Sachsen-Anhalt engagierten Mimen wäre diese Inszenierung auf Grund der immensen Belastungen im Haus an der Landwehr und bei Gastspielen nicht möglich gewesen. Und mit den sieben jungen Akteuren steht eine Truppe auf der Bühne, die einerseits durch Spielfreude überzeugt und andererseits rasch die Sympathie der jungen Zuschauer gewinnt. Allen voran der Hofnarr, unter dessen Kappe sich mit Anja Sachse eine Närrin verbirgt. In der Inszenierung von Regisseur Robert Strauß kommt der Narr zum Auftakt rappend daher. Auch sonst bedient sich Strauß gelegentlich Ausdrucksmittel, die mitunter etwas gewöhnungsbedürftig sind, aber wohl durchaus in die Zeit passen.
Der wird der Oberzeremonienmeister (Olaf Kaden) zum Ozi. Der fragt dann auch gleich mal: "Narr, was geht ab hier." Das hätte sich Hans Christian Andersen sicher nicht träumen lassen, als er die Geschichte über Dummheit, Borniertheit und Unterwürfigkeit zu Papier brachte. Und da die Geschichte zeitlos ist, wird sie immer wieder gern gespielt. Zudem stellt sie jedesmal aufs Neue Herausforderungen an Bühnenbauer und Kostümbildner (Ausstattung: Gesine Ullmann). In Eisleben wird auf zwei Ebenen gespielt. Hinten das Ankleidezimmer des Kaisers (Stipe Erceg), vorn das Esszimmer, oder wie der Narr fabuliert, der Vorraum. Eine sprachliche Meisterleistung, wenn der Narr erklärt, warum der Vorraum Vorraum heißt. Da kommen die beiden vorgeblichen Schneider Ludwig Lammfromm (Thomas B. Müller) und Waldemar Wohlgemut (David Bredin) schon mal arg ins Grübeln.
Lothar Drude hat sich die Bühnenfassung nach Andersens Märchen ausgedacht. Denn das Märchen in seiner Urform wäre zu wenig, um eineinhalb Stunden zu füllen. Regisseur Strauß ist obendrein eine Inszenierung gelungen, die keine Langeweile aufkommen lässt. Wenn zum Beispiel die beiden Hofdamen Klara Franziska (Tina Zaman) und Franziska Luise (Judith Seither) das Schaukelpferd für den Kaiser, auch Wanderthron genannt, hereintragen, haben sie die Aufmerksamkeit der Kinder auf ihrer Seite. Überhaupt erstaunlich, wie die jungen Zuschauer auch längeren Dialogen folgten. Die kindgerechte Sprache trägt dazu nicht unwesentlich bei. Und wenn Hofnarr oder Oberzeremonienmeister auf der Bühne zu klatschen beginnen, folgen ihnen die Kinder mit schöner Regelmäßigkeit. Das müssen sie irgendwie aus dem Fernsehen kennen. Wenn schon geklatscht wird, dann bitte alle. Apropos Fernsehen. Der Bühnenboden gleicht einer riesigen Werbetafel. Und das ist wahrscheinlich die eigentliche Botschaft, welche Strauß transportieren möchte. Glaubt nicht den Verkaufspropheten, denn sie bieten mehr Schein als Sein und wollen euch nur das Geld aus der Tasche locken. Denn natürlich sind Waldemar Wohlgemut und Ludwig Lammfromm gar keine Schneider, sondern setzen darauf, dass sich keiner der Beteiligten die Blöße geben will, nicht zu seinem Amt zu taugen oder als dumm zu gelten. Nur der Narr durchschaut das Spiel, die anderen wollen es gar nicht durchschauen. Nicht der Oberzeremonienmeister, nicht die Hofdamen und erst recht nicht der Kaiser. Der tritt mit stolz geschwellter Brust vors Volk, das letztlich feststellt: "Der hat ja gar nichts an." Die Schauspieler haben sich indes keine Blöße gegeben und das Stück mit Bravour gemeistert. Als geforderte Zugabe gab es noch mal eine kleine Rappeinlage.
Weitere Informationen und Karten unter Telefon 03475/ 60 20 70 oder 60 22 75
Nächste Vorstellungen am 10., 11., 12., 13. (jeweils um 9.30 Uhr und 12.30 Uhr) und am 14. Dezember (nur 9.30 Uhr)