Kreisseniorenrat Kreisseniorenrat: Zertifikate für Seniorenfreundlichkeit sollen auf den Prüfstand

Gerbstedt/Sangerhausen - Das Zertifikat für seniorenfreundlichen Service hat jetzt im Kreisseniorenrat für Diskussionsstoff gesorgt. Eine Eisleber Seniorin, die allerdings nicht namentlich in der Zeitung genannt werden möchte, machte bei der jüngsten Sitzung in Gerbstedt darauf aufmerksam, dass zertifizierte Einrichtungen mitunter gar nicht so seniorenfreundlich seien, wie man es sich erhoffe.
Da sie ein Hüftleiden habe, könne sie keine weiten Strecken zurücklegen und müsse immer mal wieder sitzend eine Pause einlegen, erzählte sie. Sie kritisierte, dass in medizinischen Einrichtungen, die vom Kreisseniorenrat zertifiziert wurden, teilweise vollkommen ungeeignetes Sitzmobiliar stünde. Zu tief, zu weich, zu instabil sei dieses oder überhaupt nicht vorhanden.
Seniorenfreundliche Einrichtung, dennoch wird Sitzmobiliar kritisiert
„Wenn man gehandicapt ist, kann man sich dort nicht hinsetzen, weil man nicht wieder allein aufstehen kann.“ Sie bat darum, bei der nächsten Zertifikatsvergabe auch darauf zu achten. Auch missfalle ihr, wenn sie im Krankenhaus vom Personal nicht korrekt angesprochen werde. „Da bin ich schon satt, wenn mich jemand fragt: ,Oma, was brauchst du?‘ Auch wenn man auf der Geriatrie liegt, hat man doch noch einen Namen.“
Amri Gebser pflichtete ihr bei, dass eine solche Anrede nicht in Ordnung sei. „Deshalb gibt es doch diese Karten in den Krankenhäusern, auf denen man seine Meinung anonym aufschreiben kann. Solche Fälle sind meines Erachtens die Seltenheit, aber sollten doch abgestellt werden“, fand Gebser, die selbst in der Klinik in Sangerhausen ehrenamtlich Patienten besucht.
Insgesamt 150 Zertifikate, die Firmen, Einrichtungen und Institutionen seniorenfreundlichen Service bescheinigen, seien in den vergangenen fünf Jahren im Landkreis Mansfeld-Südharz vergeben worden, sagte Karina Kaiser, die Vorsitzende des Kreisseniorenrates. Sie wolle den Hinweis aus Eisleben auf jeden Fall berücksichtigen und eventuell auch die Kriterien für die Zertifikatsvergabe noch einmal überarbeiten.
Kreisseniorenrat hat schon 150 Einrichtungen als seniorenfreundlich zertifiziert
Dass bei der Sanierung und dem Umbau von Einrichtungen mit Publikumsverkehr von vornherein an Barrierefreiheit gedacht werden sollte, sei theoretisch selbstverständlich, bei weitem aber noch nicht immer die gängige Praxis, berichtete auch Kerstin Radke. Sie ist die Gleichstellungsbeauftragte beim Landkreis Mansfeld-Südharz. „Es gibt zwar den rechtlichen Rahmen dafür, aber das muss auch konsequent umgesetzt werden“, so Radke. Das sei bisher so nicht der Fall.
Manchmal liege dies auch an der Angst, dass Barrierefreiheit viel zu teuer sei. Das sei aber nicht der Fall, wenn von Anfang an daran gedacht werde und keine nachträglichen Veränderungen nötig seien. „Das fängt mit Stufen vor einer Arztpraxis an und setzt sich eben fort bis zum ungeeigneten Sitzmöbel“, meinte Radke. (mz)