Langes Warten aufs Geld Kein Einzelfall! Warum Sangerhäuserin zehn Monate auf ihr Wohngeld warten muss
Eine Sangerhäuserin hat zehn Monate warten müssen, bis ihr Antrag bearbeitet war - und sie ist kein Einzelfall. Wie das die Stadt erklärt.
![Marion Weber hält endlich den Wohngeldbescheid in den Händen.](https://bmg-images.forward-publishing.io/2024/05/13/dfad57e8-f0ec-4533-a4bf-d619abfbf0a9.jpeg?rect=85%2C13%2C1566%2C881&w=1024&auto=format)
Sangerhausen/MZ. - „Man kommt sich vor wie ein Bettler“, sagt Marion Weber aus Sangerhausen. Sie ist Mitte 70, gelernte Friseurin, war später erwerbsunfähig und hat viele Jahre ihren Mann gepflegt. Monatlich bezieht sie eine Rente von knapp über 900 Euro und zahlt für ihre Wohnung im Stadtteil Südwest 486 Euro Warmmiete. Ihr steht Wohngeld zu: rund 190 Euro im Monat.
„Meinen neuen Wohngeldantrag habe ich im Juli 2023 bei der Stadtverwaltung Sangerhausen gestellt“, sagt die Seniorin. Mitte April habe sie den Bescheid und Ende April endlich das Geld auf dem Konto gehabt, nachdem sich zuvor der Kreisseniorenrat Mansfeld-Südharz eingeschaltet hatte. „Drei, vier Monate akzeptiert man ja“, sagt Weber. Und sie weiß aus ihrem Bekanntenkreis: „Es geht nicht mir allein so.“
„Separate“ Wohngeldstellen gibt es in Mansfeld-Südharz in Sangerhausen und Eisleben, für alle anderen Kommunen und auch Hettstedt ist eine Wohngeldstelle bei der Kreisverwaltung zuständig.
Neun bis zehn Monate Bearbeitungszeit für Wohngeldanträge
Sprecherin Marina Becker von der Stadtverwaltung Sangerhausen bestätigt die langen Bearbeitungszeiten. „Zurzeit werden Anträge aus dem Monat 07/2023 beziehungsweise 08/2023 abgearbeitet. Derzeit dauert dies durchschnittlich neun bis zehn Monate.“
Anfang dieses Monats seien insgesamt noch 864 Anträge offen gewesen, sagt Becker. Dabei handele es sich sowohl um Erst- als auch um sogenannte Weiterleistungs- und Erhöhungsanträge. Seit Jahresbeginn habe die Wohngeldstelle in Sangerhausen insgesamt 569 Anträge bearbeitet.
Wie die Stadtsprecherin erläutert, hänge die Bearbeitungszeit von vielen Faktoren ab. Deshalb sei es schwierig, eine durchschnittliche Bearbeitungszeit pro Antrag zu nennen. „Für einfach gelagerte Fälle beträgt die Bearbeitungszeit etwa 20 bis 30 Minuten.“ Bei komplexen Fällen könnten teilweise mehrere Stunden zusammenkommen, sagt Becker.
Manchmal müssten Unterlagen oder Nachweise nachgefordert werden, mitunter Rücksprachen oder Abstimmungen mit Antragstellern oder anderen Sozialleistungsbehörden erfolgen. Außerdem könne sich die Bearbeitung durch eine fehlende Mitwirkung des Antragstellers verzögern oder erschweren.
Angespannte Personalsituation der Behörde
Hauptursache für die langen Bearbeitungszeiten in der Sangerhäuser Wohngeldstelle scheint jedoch ein anderer Grund zu sein. Wie die Sprecherin erläutert, gebe es in der Wohngeldstelle eine Fachdienstleitung, fünf Beschäftigte für die Antragsbearbeitung und eine Arbeitskraft für den Sprechtag, Post und Registratur.
„Die Stadtverwaltung hat die Wohngeldbehörde derzeit mit mehr Stellen besetzt, als es im Stellenplan vorgesehen ist“, sagt Becker. Und begründet: „In den vergangenen zwei Jahren sah sich die Wohngeldbehörde mit einer sehr hohen Personalfluktuation konfrontiert.“
Mit der Folge, „dass fast alle Stellen neu ausgeschrieben und besetzt werden mussten“. Doch aufgrund der angespannten Situation des Stellen- und Personalmarkts habe man die Stellen nicht mit Personal besetzen können, das bereits über Erfahrung in diesem speziellen Bereich verfügte und das also erst eingearbeitet werden musste.
Anders sieht es bei der Wohngeldstelle der Kreisverwaltung aus. Wie Sprecherin Romy Stietz auf Anfrage mitteilt, ist sie mit sechs Vollzeitstellen besetzt. Aktuell lägen 704 Anträge auf Wohngeld vor. Zum Teil offene Anträge, zum Teil wegen fehlender Unterlagen unvollständige Erst-, Wiederholungs- und Erhöhungsanträge. Seit Jahresbeginn bis Ende April habe die Wohngeldstelle 314 Anträge bearbeitet und abgeschlossen.
Am Monatsende aufs Konto
„Bei Vollständigkeit der Antragsunterlagen beläuft sich die durchschnittliche Bearbeitungszeit auf ein bis drei Monate“, sagt Stietz. Einschließlich der vollumfänglichen Bearbeitung des Antrags, dem Erstellen und Versenden des Bescheids und der Auszahlung aufs Konto.
„Der Druck der Bescheide erfolgt extern.“ Das Wohngeld werde einmal zum Ende des Monats durch einen extern generierten Zahllauf ausgezahlt. „Dieser Prozess ist in allen Wohngeldbehörden des Landes Sachsen-Anhalt gleich.“
Ein bis drei Monate Bearbeitungszeit, die hätte sich auch Marion Weber aus Sangerhausen gewünscht. „Ich hatte ein bisschen was gespart, unter anderem für die Enkelinnen zur Jugendweihe“, sagt sie. Das sei in den zehn Monaten Wartezeit nahezu draufgegangen.
Gewünscht hätte sie sich aber noch etwas anderes, sagt sie. Denn als sie zum ersten Mal im November, dann im Dezember und im Januar persönlich im Rathaus nachfragen wollte, warum es so lange dauert, sei sie enttäuscht und verärgert gewesen, „wie man behandelt wird“. Nun aber, sagt die Rentnerin, brauche sie erst 2025 den nächsten Antrag einreichen, der jetzige Bescheid gelte zwei Jahre.