Insolventer Fahrradbauer Mifa Insolventer Fahrradbauer Mifa in Sangerhausen: Sanierungsexperten wollen Jobs retten

Sangerhausen - Scheinwerfer erleuchten den Raum, Fotoapparate klicken. Der Aufenthaltsraum im neuen Mifa-Werk im Gewerbegebiet An der Wasserschluft in Sangerhausen ist voller Journalisten. Alle wollen am Donnerstagnachmittag vom neuen Mifa-Chef, dem Sanierungsspezialisten Joachim Voigt-Salus, hören, wie es nach der erneuten Insolvenz mit dem Traditionshersteller weitergeht.
Voigt-Salus, Jahrgang 1963, war am Dienstag von den Gesellschaftern des Unternehmens zum Geschäftsführer bestellt worden. Ihm zur Seite in dem Verfahren steht der vom Gericht ernannte Sachwalter Lucas Flöther. Der 42-jährige hallesche Rechtsanwalt kennt die Mifa. Er wirkte bereits im ersten Insolvenzverfahren vor gut zwei Jahren mit.
Sanierungsexperte: „Eine Zerschlagung des Unternehmens ist nicht geplant.“
Voigt-Salus versucht in der Pressekonferenz zu beruhigen: „Eine Zerschlagung des Unternehmens ist nicht geplant. Wir wollen den Geschäftsbetrieb der Mifa in vollem Umfang fortführen und möglichst viele Arbeitsplätze am Standort Sangerhausen langfristig sichern.“ Man habe dazu bereits Kontakt mit den wichtigsten Gläubigern, Lieferanten und Kunden aufgenommen. „Alle haben uns ihre volle Unterstützung bei der Restrukturierung zugesagt“, sagt der Mifa-Chef. Eineinhalb Stunden zuvor hatte er die 520 Mitarbeiter des Unternehmens auf einer Betriebsversammlung in der Montagehalle informiert. Viele Mifa-Leute wie Harald Gebser, der als Teamleiter im Werksverkauf arbeitet, sind danach zumindest etwas zuversichtlicher, was ihre berufliche Zukunft angeht. „Ich hoffe das Beste“, sagt der 60-Jährige.
Auch Voigt-Salus betont: „Wir haben den Eindruck gewonnen, dass die Belegschaft zu hundert Prozent hinter der Mifa steht und sich mit vollem Engagement für die Neuaufstellung unseres Unternehmens einsetzt.“ Auf Nachfrage schließt er aber zu dem „frühen Zeitpunkt“, wie er sagt, nicht aus, dass es „Personalanpassungsmaßnahmen“ geben muss. Er glaube aber nicht, das sie drastisch sein werden.
Das operative Geschäft der Mifa sei zum Glück durch ein sogenanntes Massedarlehen über vier Millionen Euro gesichert, das die Eigentümerfamilie von Nathusius zur Verfügung stelle. So könnten Aufträge der großen Handelsketten abgearbeitet und die Räder im Frühjahr ausgeliefert werden, was die finanzielle Situation entspanne. Ende Januar solle das neue Werk technisch voll produktionsfähig sein. Ab Februar würden nach Abschluss des Umzugs etwa 50.000 Räder monatlich im neuen Werk von den Montagebänder laufen, sagte der zweite Mifa-Geschäftsführer Matthias Herold.
Fortbestand der Mifa hängt vom Geld ab
Gegenüber der MZ macht Salus-Voigt aber deutlich, dass es ohne jemandem, der neues Geld mitbringt, dauerhaft bei der Mifa nicht weitergeht: Angesichts der hohen Investitionen für das neue Werk, der Umzugskosten und Umsätzen, die hinter den Prognosen zurückgeblieben seien, habe die vorhandene Liquidität nicht mehr für einem geordneten Geschäftsbetrieb ausgereicht. Das fehlende Geld - eine Summe nannte er nicht - müsse von den bisherigen Gesellschaftern, einem Investor oder einer Kombination aus beidem kommen.
Das vom Gericht am Donnerstag bestätigte Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung sei für die Mifa der logische und richtige Schritt, um die Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen. „Wir werden in den kommenden Wochen in Gesprächen mit Gläubigern und Gesellschaftern prüfen, welche Optionen zur Sanierung infrage kommen.“ Vorrangig werde man dabei die Möglichkeit eines Insolvenzplans erörtern. Also den Erhalt der Mifa-Bike GmbH auf der Grundlage eines Vergleichs mit den Gläubigern, so Voigt-Salus.
Löhne und Gehälter der Mifa-Mitarbeiter für drei Monate gesichert
Die Löhne und Gehälter der Beschäftigten sind zumindest für drei Monate durch das Insolvenzgeld gesichert. Auch die Lehrlinge der Mifa sollen ihre Ausbildung fortsetzen können.
Die Industriegewerkschaft Metall und der Betriebsrat des Fahrradbauers stellten sich am Nachmittag in einer gemeinsamen Presseerklärung hinter die Pläne der Sanierer. „Positiv merken wir an, dass das Insolvenzverfahren eine Sanierung und keine Abwicklung ist“, heißt es darin.
Gewerkschaftssekretär Michael Perner sagte: „Zwischen IG Metall, der Geschäftsführung und der Insolvenzverwaltung gab es bereits Kontakt. Wir werden unser Möglichstes für den Erhalt der Arbeitsplätze und des Standortes Sangerhausen tun.“
Die Gewerkschaft forderte jedoch, dass keine Kündigungen ausgesprochen werden dürften. (mz)