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Heimatgeschichte Heimatgeschichte: Vor 20 Jahren verschwand das Fördergerüst des Münzer-Schachtes

Von Manfred Vollrath und Hans-Jürgen Grunow 11.07.2017, 16:00
Am 22. Januar 1997 stand das Fördergerüst noch, die Treibehausumbauten waren aber schon entfernt.
Am 22. Januar 1997 stand das Fördergerüst noch, die Treibehausumbauten waren aber schon entfernt. Manfred Vollrath

Sangerhausen - Vor 20 Jahren wurde das Fördergerüst des Thomas-Münzer-Schachtes abgerissen. Bereits seit Dezember 1996 war das Gerüst von den Treibehausumbauten freigelegt. Am 12. Februar 1997 wurde das freigelegte Fördergerüst umgelegt. Um 17.13 Uhr fiel es vor etwa 100 Zuschauern - überwiegend ehemalige Bergleute - noch während der Brennschneidarbeiten am Fuß der östlichen Fördergerüst-Stütze plötzlich von allein nach Südosten um. Die vorgesehene Zugmaschine mit den daran angebrachten Stahlseilen, die das Gerüst eigentlich umziehen sollte, brauchte nicht mehr in Aktion treten.

Schachtfördergerüst als potenzielles Industriedenkmal unwiederbringlich beseitigt

Während im Westen Deutschlands derartige Anlagen erhalten, ja sogar als museale Denkmale umgestaltet wurden, wurde mit dem Abriss des im Jahre 1951 errichteten Schachtfördergerüstes ein Industriedenkmal aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und damit der letzten Gewinnungsepoche von Kupfer-Silber-Erzen aus dem traditionsreichen Sangerhäuser Kupferschiefer-Revier unwiederbringlich beseitigt. Das Fördergerüst, ein Regelgerüst für Doppelförderung, war bis zur Oberkante des Kranaufbaus 49 Meter hoch; die größte Höhe - über der Fahnenstange - betrug 54,10 Meter. Der Kranaufbau diente zum Montieren der Seilscheiben. Das Gesamtgewicht des Fördergerüstes betrug rund 315 Tonnen.

Der Sangerhäuser Schacht war die erste in der DDR nach dem Zweiten Weltkrieg fertiggestellte Bergbauanlage. Er sollte ursprünglich als Denkmal erhalten werden. In der zentralen Denkmalliste, die im Gesetzblatt der DDR, Sonderdruck Nr. 1017, am 25. September 1979 veröffentlicht wurde, sind unter der Nummer 31 „Sangerhausen“ der Denkmale der Produktions- und Verkehrsgeschichte die Anlagen des Kupferschieferbergbaus Thomas-Münzer-Schacht angegeben.

Der Verein Mansfelder Bergarbeiter Sangerhausen setzte sich aktiv für den Erhalt des Wahrzeichens des Bergbaus ein, sammelte Unterschriften bei der Bevölkerung - selbst der damalige Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Reinhardt Höppner (SPD), unterschrieb - und wurde bei allen möglichen Behörden bis hin zur Oberen Denkmalschutzbehörde vorstellig. Da aber das Schachtgelände von der Stadt Sangerhausen als neuer Industriestandort erschlossen werden sollte, musste auch das Fördergerüst, wie schon vorher die wichtigen anderen Gebäude, weichen.

Von Verschrottung gerettete Fördermaschine kam ins Bergbaumuseum Röhrigschacht Wettelrode

Im Juni und Juli 1997 wurde das Fördermaschinengebäude beseitigt. Die vor der Verschrottung gerettete östliche Fördermaschine, mit der die Schachtförderung zur 5. Sohle (456 Meter Teufe) betrieben wurde, kam im Oktober 1997 zum Bergbaumuseum Röhrigschacht Wettelrode. In einer eigens dafür erbauten Museumshalle kann die darin wieder aufgebaute Fördermaschine seit 6. Oktober 1998 besichtigt werden.

Seit Ende des Jahres 1997 befindet sich über der verfüllten Schachtröhre auf dem Gelände des Thomas-Münzer-Schachtes ein sechseckiger Betonverschluss mit einer Datentafel. Das verwahrloste Gelände rund um die Schachtscheibe wurde von Vereinsmitgliedern im Jahr 2016 zu einem Exkursionspunkt für alle Geschichts-und Bergbauinteressenten umgestaltet. (mz)