Handel in Sangerhausen Handel in Sangerhausen: "Das Ausbluten der Innenstadt muss gestoppt werden."

Sangerhausen - Der vorerst letzte war der Bäcker. Vor wenigen Tagen schloss die Filiale von „Sternenbäck“ in der Göpenstraße Knall auf Fall ihre Pforten. Mit ihr stehen in den Sangerhäuser Haupteinkaufsmeilen Göpenstraße und Kylische Straße zehn Geschäfte leer. Statt bunter Auslagen gibt es zugehängte Schaufenster und kleben „Zu-Vermieten-Schilder“ auf den Scheiben.
André Reick, der Chef des Gewerbevereins, spricht von einer brenzligen Situation. „So schlimm war es noch nie, zumal zum Jahresende noch mehr Geschäfte dicht machen. Dann wird es noch mehr Leerstand geben“, befürchtet er. Woran das liegt? Reick führt das auf die schlechte wirtschaftliche Situation zurück. Es geht nichts vorwärts. Weder mit dem Industriepark, noch mit der Mifa, die seit Monaten um ihre Existenz kämpft.
Handel in Sangerhausen: „In der Innenstadt fehlt ein Magnet - ein Geschäft, das Kunden anzieht.“
Eine Sicht, die Immobilienmakler Raik Polster teilt. „So viel Pessimismus war noch nie“, sagt Polster, der seit 27 Jahren als Makler arbeitet. Sein Unternehmen nehme zurzeit gar keine Ladenlokale zur Vermietung mehr an. „Wir kriegen sie nicht los.“ So sucht Polster seit längerem Interessenten für ein 94 Quadratmeter großes Ladenlokal in der Göpenstraße 29. Trotz einer Miete von 5,20 Euro pro Quadratmeter wolle niemand die Räume haben, in denen früher ein Bekleidungsgeschäft zu finden war. „Wenn überhaupt, dann ziehen Geschäfte in Sangerhausen um. Von auswärts kommt niemand.“
Für Reick kommt aber zur wirtschaftlichen Lage noch etwas hinzu. „In der Innenstadt fehlt ein Magnet - ein Geschäft, das Kunden anzieht.“ Das City-Center, das einstmals größte Kaufhaus, steht noch immer zum Großteil leer. In einen umgebauten hinteren Bereich ist ein Callcenter eingezogen. Es sind zwar 25 neue Arbeitsplätze entstanden, aber das Callcenter lockt naturgemäß keine Einkäufer. Der Gewerbeverein will nun die freien Läden auf seiner Internetseite vorstellen. „Ziel ist es, neue Interessenten nach Sangerhausen zu locken“, sagt Reick. Außerdem will der Gewerbeverein den neuen Oberbürgermeister Sven Strauß (SPD) in die Pflicht nehmen, wenn der ab 1. August im Amt ist. Klaus Peche, Weinhändler und Chef der Bürgerinitiative Sangerhausen, hat bereits ein Handelskonzept für Sangerhausen gefordert. Auch ein City-Manager, wie es ihn in Aschersleben gibt, sei eine gute Idee: „Das Ausbluten der Innenstadt muss gestoppt werden.“ Aber auch der Handel müsse sich wandeln, sagt Peche. „Der Trend geht zum Erlebniseinkauf.“ Deshalb bietet Peche Wein- oder Whiskeyabende an, um Kunden in seinen Laden zu ziehen. Nur mit solchen Veranstaltungen könnten sich kleine Händler gegen die Konkurrenz auf der grünen Wiese und im Internet behaupten.
So kämpfen andere Städte gegen den Leerstand
Seit dem 1. Mai ist der 54-jährige Frank Fischer erster Citymanager in Aschersleben. Zunächst für 18 Monate hat er sein nagelneues Büro bezogen.
Sein Ziel ist es, der Ascherslebener Innenstadt auf die Sprünge zu helfen und den Leerstand zu bekämpfen. Fischer will dabei mit allen potenziell Beteiligten - wie Grundstückseigentümern, Vermietern, Geschäftsleuten und deren Kunden - ins Gespräch kommen. Gemeinsam können dann Ideen entwickelt und auch umgesetzt werden. Sein erster Plan ist ein Riesenkürbis-Wettbewerb, den er für den neuen Grünmarkt der Ascherslebener Kaufmannsgilde plant. Der soll im Herbst stattfinden. (mz)