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Friseurgeschäft in Rottleberode Friseurgeschäft in Rottleberode: Letzter Ausweg: Jobcenter

Von Helga Koch 21.05.2014, 13:11
Friseurmeisterin Heidrun Kahlmann ist froh über die gute Zusammenarbeit mit Katrin Rosenbaum vom Jobcenter Mansfeld-Südharz.
Friseurmeisterin Heidrun Kahlmann ist froh über die gute Zusammenarbeit mit Katrin Rosenbaum vom Jobcenter Mansfeld-Südharz. Maik Schumann Lizenz

Rottleberode/MZ - Als es die Sangerhäuserin Heidrun Kahlmann vor zwei Jahren zurück in die Heimat zog, wollte sie noch mal durchstarten - als Friseurmeisterin mit eigenem Geschäft. Sie zog von Zürich nach Rottleberode, eröffnete ihren Salon in der Domäne und freute sich, dass sie zunehmend Kunden gewann. Es lief gut. Trotzdem hätte sie vor ein paar Monaten fast das Handtuch werfen müssen, denn durch widrige Umstände - im vorigen Jahr die Straßensperrung, im Winter eine gebrochene Hand - ging es bergab. Sie musste ihren Lehrling entlassen. Als ihre Reserven schließlich aufgebraucht waren und sie keinen Ausweg mehr sah, nahm die 52-Jährige all ihren Mut zusammen und erkundigte sich im Jobcenter Mansfeld-Südharz, ob Hilfe möglich sei. Dort, sagt sie heute dankbar, habe sie sofort ein offenes Ohr gefunden und Unterstützung bekommen. Woran sie aber selbst eine große Aktie hatte, denn sie hatte ihre Unterlagen exakt geführt und konnte binnen weniger Tage alles einreichen, was nötig war.

Kein Einzelfall

Für Katrin Rosenbaum vom Jobcenter Mansfeld-Südharz ist das Schicksal der Rottleberöderin kein Einzelfall: „Auch Selbstständige, die sich vorübergehend in einer Notlage befinden, können Unterstützung nach dem Sozialgesetzbuch II beantragen. Eine Grundsicherung steht jedem zu, der die Hilfebedürftigkeit nachweisen kann.“ Im speziellen Fall sei unter anderem die sogenannte Erklärung zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit wichtig, sagt Katrin Rosenbaum. Und es müssten bedeutend mehr Unterlagen vorgelegt werden als bei den meisten anderen Personen, etwa Arbeitnehmern, die aufstocken. „Es war eine super Zusammenarbeit, auch innerhalb des Jobcenters mit der Leistungsabteilung“, sagt Katrin Rosenbaum.

Monatlich hat jeder Hilfebedürftige nach dem Sozialgesetzbuch II einen Anspruch auf eine Regelleistung von 391 Euro, sofern er allein lebt. Hinzu kommen Kosten für die Unterkunft, also für Miete und Heizung. Das Einkommen wird bei Selbstständigen gegengerechnet.

Der Antrag muss alle sechs Monate beim Jobcenter erneuert werden; dazu muss der Selbstständige vorab selbst schätzen, wie hoch seine Einnahmen und Ausgaben in den nächsten sechs Monaten ausfallen können. Das wird im Nachhinein genau berechnet, so dass der Selbstständige entweder etwas ans Jobcenter zurückzahlen muss oder nachgezahlt bekommt.

Heidrun Kahlmann bestätigt: „Es war eine ganz brenzlige Situation für mich, obwohl mir der Vermieter und die Krankenkasse entgegenkamen. Sieben Tage hat es gedauert, nachdem ich den Antrag abgegeben hatte, bis das Geld da war.“ Erst dann habe sie - nach all den Sorgen und schlaflosen Nächten - den Kopf wieder frei gehabt und wieder frei arbeiten können.

Doch nicht jeder Selbstständige, der in eine ähnlich schwierige Situation gerät, kommt rechtzeitig ins Jobcenter, sagt Katrin Rosenbaum. „Viele überwinden sich zu spät, haben dann schon zu viele Schulden und können gar nichts mehr in den Kühlschrank stellen.“

Auch sonntags und im Außendienst

Den Salon hat Heidrun Kahlmann renoviert - dank eines kleinen, zinslosen Darlehens vom Jobcenter, nachdem sie anderweitig keinen Kredit mehr bekam. Und sie kümmert sich mehr ums Marketing. Sie arbeitet sechs Tage pro Woche, bei Bedarf sonntags, macht Außendienst. „Es ist ungewohnt, unterstützt zu werden. Aber es soll nicht Normalität werden. Meine Eigenständigkeit ist mir wichtig, ich will so schnell wie möglich wieder alles allein unter Kontrolle haben.“