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Ehrung Ehrung: Erich Scheffler rückt in erste Reihe

08.03.2001, 19:46

Sangerhausen/MZ. - Bis heute musiziert der gebürtige Sangerhäuser täglich mehrere Stunden lang - nicht immer zur puren Freude seiner Frau, mit der er im kommenden Jahr die "Diamantene Hochzeit" feiert. "Doch ich bin der Gärtner" schwärmt Ilse Scheffler vom Ausgleich im Garten, "und mein Mann der Musiker" - und beide lächeln sich übereinstimmend an.

Ohne Musik", sagt Erich Scheffler einfach, "könnte ich gar nicht sein." Das wiederum nimmt man dem Mann ab, der so ganz ohne Allüren ist. Ein wenig schwierig wird es dann aber schon, all die Daten und Fakten der vergangenen Jahre einzuordnen.

Sein Lebenswerk als Musiker, Komponist, Arrangeur und Musikerzieher ist groß und überschneidet sich in vielen Punkten. Dabei hat der begabte Autodidakt nie ein Studium beenden können - erst die Einberufung, dann war die Herkunft aus einer "Nicht-Arbeiterfamilie" das Handicap. Eine Kriegsverletzung am Bein macht ihm heute sehr zu schaffen, dabei ist Erich Scheffler froh, dass es nicht die Hand erwischt hatte: "Dann wäre es aus gewesen mit der Musik."

Sein musikalisches Können sicherte ihm und seiner fünfköpfigen Familie über all die Jahrzehnte hinweg ein Auskommen. Vom 1. Januar 1946 an unterrichtete Erich Scheffler Kinder in Musik in dem Haus, in dem er heute noch wohnt - An der Trillerei 3. Das Gebäude ist so geschichtsträchtig wie heruntergewirtschaftet. Und für hunderte ehemalige Schüler ist es bis heute ein Ort zahlreicher Erinnerungen. Nachmittags von 14 bis 18 Uhr wurden hier die Tonleiter geübt, wieder und wieder Melodien gespielt, bis sie endlich klangen. Zur Weihnachtszeit hörten die Passanten draußen vorm Fenster gern zu. An Heidrun Kuhnt, "heute die Frau vom Bürgermeister", erinnert sich der agile alte Herr - oder an Winfried Dräsel, der inzwischen selber an der Musikschule unterrichtet.

Durch das Unterrichten am Nachmittag war vormittags Zeit, Stücke zum Beispiel für die "Goldenen Vier", die "Sangerhäuser Spatzen", die Kapelle "Oh-Aha" und das "Blasorchester des Thomas-Münzer-Schachtes" zu komponieren und zu arrangieren. Seine "tänzerische Suite für Blasorchester" zum Beispiel wurde 1966 uraufgeführt und bekam viel Lob.

Das Vertrauen in sein musikalisches Können spiegeln auch die vielen Verträge wider, die der "VEB Lieder der Zeit Musikverlag Berlin" und der "Harth Musikverlag Leipzig" mit ihm abgeschlossen haben. Insgesamt 216 Titel arrangierte er bis zum 14. November 1989 - der bekannteste ist wohl "Schmidtchen Schleicher".

Mit dem "Sangerhäuser Spatzen" wäre fast eine Karriere gestartet worden - der Fernsehtermin platzte jedoch kurz vorher aus gesundheitlichen Gründen von Mitgliedern. "Wer weiß, was sonst geworden wäre", wird Scheffler nachdenklich. Er weiß, dass es wenig Sinn macht, dem nachzutrauern. Schön war es aber schon, mit anderen Musikern auf der Bühne zu stehen, erinnert er sich und kramt alte Fotos heraus. Gelernt hatte er mit acht Jahren das Violine spielen beim damaligen Musikdirektor Fritz Beinroth, später Klavier bei Franz Rother.

"Erich" sagen einstige Kollegen, ist nicht nur ein sehr guter Musiker, sondern genießt als hervorragender Komponist und Arrangeur unter Fachleuten bis heute ein sehr hohes Ansehen. Er habe immer still und zurückhaltend in der zweiten Reihe gestanden und dort hervorragende Arbeit geleistet. Deshalb habe er es mehr verdient als jeder andere, sich heute ins Goldene Buch der Kreisstadt einzutragen. Der festliche Akt dazu findet um 15 Uhr in der Kreismusikschule im Alten Schloss in Sangerhausen statt.