Ehemaliges Ferienheim Ehemaliges Ferienheim: Hungernde Kinder wurden betreut und erholten sich
Sangerhausen/MZ. - Als erstes Kindererholungsheim nach dem Zweiten Weltkrieg im Land Sachsen-Anhalt wurde 150 Meter oberhalb des Geländes der Ausflugsgaststätte von März bis Juli 1948 das Waldjugendheim Eschental errichtet.
In den Beiträgen zur Heimatforschung Nr. 6 fand MZ-Leser Götz Meyer folgenden Beitrag von Irene Straubel zum Thema: "Elisabeth Pätz als 2. Bürgermeister seit 7.1.1946 trat gemeinsam mit Berta Garlepp besonders für eine bessere Versorgung der Kinder ein. Mit Hochachtung erinnert sie sich an die verständnisvolle Unterstützung durch Semjon Kogan. (Der) Politoffizier der sowjetischen Kommandantur erkannte die Notlage der Kinder.
Zu Elisabeth Pätz sagte er wiederholt: ,Wenn ich durch die Straßen gehe und die hungernden Kinder sehe, tut mir das Herz weh.' Auf seine Anregung organisierte der Antifa-Frauenausschuss eine Erholungsmöglichkeit für die Kinder. Im Sommer 1946 hatten Elisabeth Pätz und Berta Garlepp entsprechend des Vorschlages von Genossen Kogan im Eschental die 1. Ferienaktion für die unterernährten Kinder organisiert.
Es gab (hierfür) noch kein festes Gebäude. Etwa 30 Kinder wurden tagsüber in den offenen Kolonnaden gegenüber der Gaststätte betreut, erhielten regelmäßig Essen und erholten sich bei Sport und Spiel in frischer Luft. Die mehrwöchige Erholung war für die Kinder ein bleibendes Erlebnis, hier konnten sie sich einmal satt essen. Trotz des guten Erfolges suchte Elisabeth Pätz einen Weg, die Ferienkolonie weiter zu entwickeln.
Wieder war es Semjon Kogan der half, die Aktion ,Rettet die Kinder' fortzuführen. Er hatte Elisabeth Pätz den Vorschlag gemacht, eine Baracke des ehemaligen Rüstungsbetriebes Stock u. Co. Rottleberode, der gerade als Reparationsleistung demontiert wurde, im Eschental aufzubauen. Der Kommandant legte fest, dass die beste Baracke für die Kinder zur Verfügung gestellt wurde, damit im Eschental ein richtiges Kinderheim entstehen konnte. So war es möglich, dass 1948 das erste Kindererholungsheim im Land Sachsen-Anhalt in Sangerhausen entstand."
MZ-Leser Hans Saworra denkt gern an die Ferienwochen an frischer Luft im waldreichen Eschental zurück. "Morgens um 8 sammelten wir uns an der Unterführung, dann ging es gemeinsam ins Eschental. Wir konnten dort im Wald den ganzen Tag über spielen und wurden vom Frühstück bis zum Kaffeetrinken versorgt."
Brigitte Steinhoff aus Bennungen erinnert sich daran, dass viele ihrer Mitschüler drei Wochen im Eschental verlebt haben, um mit einer für die damalige Zeit keineswegs selbstverständlichen guten Verpflegung aufgepäppelt zu werden. "Besonders die gute Luft im Eschental wurde immer wieder gelobt", berichtete sie. Bis etwa 1953, erinnerte sie sich, wurden die Ferienaktionen in diesen Baracken jährlich durchgeführt.
Anfang der 60-er Jahre wurde das Eschental zum Naherholungsgebiet erklärt. Dafür wurde sogar die Zufahrtsstraße mit Asphalt befestigt.