Gedenkaktion 50 Fähnchen erinnern in Sangerhausen an die Corona-Opfer in der Rosenstadt
Die Initiative „Sangerhausen nimmt Rücksicht“ gedenkt der 50 Sangerhäuser, die an oder mit dem Virus gestorben sind. Oberbürgermeister Strauß appeliert in seiner Rede an die Bürger.

Sangerhausen/MZ - 50 weiße Fähnchen standen feinsäuberlich aufgereiht auf dem Rand der Brunnens auf dem Sangerhäuser Marktplatz. Jedes symbolisierte einen Menschen, der in den vergangenen 22 Monaten am oder mit dem Corona-Virus gestorben ist. Die Initiative „Sangerhausen nimmt Rücksicht“ hat am Freitag der Toten gedacht, die allein in der Stadt Sangerhausen und den zugehörigen 14 Ortsteilen im bisherigen Verlauf der Pandemie ihr Leben verloren haben.
„Das Sterben war gefühlt lange weit weg - in Italien oder Brasilien“, sagte Margot Runge, die Pfarrerin der Jacobikirche, in ihrer Rede. Mittlerweile habe es aber auch längst die Kleinstadt im Südharz eingeholt.
50 Corona-Todesopfer in Sangerhausen zu beklagen
Runge erinnerte an das erste Corona-Opfer in der Stadt: eine Lehrerin, die kurz vor ihrem Tod noch unterrichtet hatte. „Es ging alles so schnell,“ sagte Runge. Insgesamt 50 Menschen seien mittlerweile in Sangerhausen an oder mit Corona gestorben, 239 in ganz Mansfeld-Südharz. „Junge, Mittelalte und Alte“, sagte die Pfarrerin. „Es ist schon bitter, wenn Pflegeheime keine Orte des Schutzes und der Hut mehr sind, sondern Orte der Gefahr, Lebensgefahr.“
Und fügte in Bezug auf die Gestorbenen hinzu: „Ich glaube, sie alle hätten sich ihren Tod, ihre letzten Tage und Stunden anders ausgesucht.“ Deshalb seien Rücksicht und das Beachten der Schutzmaßnahmen sehr wichtig. Runge erinnerte auch an das Leid der betroffenen Familien, Freunde, Kollegen und Nachbarn, das man nicht vergessen dürfe. Die Initiative wollte mit der Veranstaltung auf dem Markt auch ihnen ein Stück Trost spenden, Hilfe und Unterstützung geben.
Wie wichtig den Mitgliedern das war, machte die Ratsglocke deutlich, die beim Gedenken an die Toten geläutet wurde. Die im vergangenen Jahr gegossene Glocke hängt wieder im Ratshaustürmchen. Sie soll nur zu wichtigen Anlässen erklingen. Dieser Freitag gehörte dazu.
Oberbürgermeister Sven Strauß wirbt für Corona-Impfung
Oberbürgermeister Sven Strauß (SPD), der nach Runge sprach, erinnerte an den Streit in der Gesellschaft über die Corona-Maßnahmen: „Viele unserer Mitbürger empfinden die getroffenen Regelungen als zu starke Beschränkungen ihrer Freiheiten. Andere betrachten getroffenen Regelungen als nicht weitgehend und wünschen sich strengere Vorgaben.“ Bei aller berechtigten Verärgerung über Eindämmungsverordnungen, komplizierte Zugangsregelungen und Testauflagen dürfe man jedoch nicht „den Weg der faktenbasierten Betrachtung der Pandemie verlassen“. Er warb auch für die Corona-Impfungen: „Der Erhalt einer Impfung ist keine beiläufige Unannehmlichkeit, sondern eine medizinische Behandlung.
Alle Erfahrungen bei den Impfungen zeigen jedoch, dass diese Wirkung entfalten und dazu beitragen, Krankheitsverläufe zu erleichtern und klar Leben zu retten.“ Angesichts der aktuell stark steigenden Coronazahlen warnte Strauß: „Der Ausblick auf die kommenden Wochen kann hier und heute kein positiver sein.“ Man müsse sich bewusst sein, dass die Infektionszahlen und die Zahl der Patienten in den Krankenhäusern nicht von selbst sinken werden. „Es bedarf Solidarität. Es bedarf Durchhalten beim Reduzieren von Kontakten und Wahren von Abstand und auch Anstand.“
Allerdings waren zu der Veranstaltung nur wenige Gäste gekommen. So wunderte sich beispielsweise die Rentnerin Sigrid Liebscher über die Teilnehmerzahl: „Ich finde gut, dass so etwas stattfindet. Ich hätte mir aber viel, viel mehr Resonanz gewünscht.“