Bündnis gegen IPM Bündnis gegen IPM: "Solche Böden darf man nicht zubetonieren für eine Tomatenbude"

Sangerhausen - Dicht steht das Getreide auf der Fläche, die mal der Industriepark Mitteldeutschland werden soll. Jetzt, Anfang Juni, ist eigentlich der schlechteste Zeitpunkt, um auf die Suche nach Hamsterbauen zu gehen. Die Gruppe, die mit einem Kleinbus aus Halle angereist ist, hat aber Glück.
Schon nach kurzer Suche entdeckt Nicole Hermes zwischen den Halmen ein Loch im Erdreich, das groß genug ist und so sauber befestigte Ränder hat, dass es von einem Hamster bewohnt sein könnte.
BUND auf Stippvisite auf Sangerhäuser Hamsterfläche
Nicole Hermes vom Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund) und dessen Landesvorsitzender Ralf Meyer sind am Dienstagabend mit einer Gruppe von Bundesfreiwilligen nach Sangerhausen gekommen. Die Stippvisite auf die Hamsterfläche gehört zum Seminar „Schutz von Feldhamster und Rotmilan“, das der Bund in dieser Woche in seinem Umweltzentrum Franzigmark bei Halle mit Teilnehmern aus ganz Deutschland durchführt.
Bei dem Termin in Sangerhausen erzählt Meyer vom Hamsterstreit um die geplante Ansiedlung eines riesigen Gartenbauunternehmens, vom Hamstergipfel mit zwei Landesministern und dem kläglichen Ende des Vorhabens.
Auch das Vorhaben der Stadt Sangerhausen, den Bebauungsplan am IPM in Richtung Norden zu erweitern, sprach Meyer an. Zu den 150 Hektar sollen weitere 110 Hektar dazukommen, damit die Stadt ein großes Hamstergebiet nachweisen kann, das den geschützten Tieren einen Lebensraum garantiert.
BUND-Chef sieht IPM-Pläne der Stadt Sangerhausen kritisch
Meyer sieht diese Pläne kritisch. Zum einen sollten von der Fläche, auf der die Kernpopulation der Feldhamster lebe, nur 57 Prozent von einer späteren Bebauung ausgenommen werden. „Für uns ist das zu wenig“, sagt der Bund-Landeschef. Zum anderen spricht er von mehr als 19 Millionen Euro, die das Verfahren kosten könnte.
So müsste die Stadt beispielsweise als Ausgleich für jenes Hamsterland, das zum Industriegebiet werden soll, 300 Hektar Ausgleichsfläche erwerben und hamsterfreundlich bewirtschaften lassen. Meyer kündigte an, gegen den B-Plan notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof zu klagen. In seinem Widerstand gegen den Industriepark an der jetzigen Stelle hat sich der Bund unterdessen mit Landwirten in der Region zusammengeschlossen.
BUND und Bauern schmieden Bündnis gegen Industriepark
„Wir haben ein Bündnis geschmiedet“, sagt Meyer. Bei dem Feldtermin ist auch Botho Hoffmann dabei, der auf der IPM-Fäche zwölf Hektar Land bewirtschaftet. Für ihren waren die Gewächshauspläne von „Charlottes Garden“ von Anfang an barer Unsinn. „Wir haben hier unten 90er bis 100er Böden, das ist die höchste Qualität, die es überhaupt gibt. Solche Böden darf man nicht zubetonieren für eine Tomatenbude mit Billigarbeitsplätzen. Sowas bringt doch die Stadt nicht voran“, sagt er.
Die Landwirte seien nicht generell gegen Ansiedlungen, auch wenn sie für Autobahnbau und andere Gewerbegebiete schon viel Fläche eingebüßt haben, so Hoffmann. „Wenn ein ordentliches Industrieunternehmen käme, das den Leuten 15, 16 Euro die Stunde zahlt, dann würden wir sagen: Okay, dafür kann man auf zwanzig Hektar verzichten“, meint er.
Hoffmann bewirtschaftet seit fast 30 Jahren Flächen rund um Sangerhausen. Die Hamster seien schon immer dagewesen, sagt er. In manchen Jahren mehr, in anderen weniger, je nach Witterung und dem, was man gerade anbaut. Vor etwa zwei Jahren habe er sogar auf einer Fläche am Gerichtsweg Hamster gehabt - dort, wo bis dahin nie welche gewesen seien. (mz)