Bikerausfahrt am 1. Mai Bikerausfahrt am 1. Mai: Top-Werbung für die Stadt Sangerhausen

Sangerhausen - Eine bessere Werbekampagne hätte sich kaum jemand einfallen lassen können. Das angedrohte Verbot der Stadtrunde bei der diesjährigen Bikerausfahrt am 1. Mai hat der Berg- und Rosenstadt ein überregionales Interesse beschert, das ihr sonst nur bei größeren Katastrophen sicher ist. Veranstalter „Sancho“, der mit bürgerlichem Namen Frank George heißt, 54 Jahre alt ist und in Sangerhausen wohnt, war’s zufrieden: „1 450 Teilnehmer!“ Unzählige Zuschauer säumten die Strecke in Sangerhausen und unterwegs.
Wer aufmerksam schaute, konnte auf dem alten Mafa-Gelände neben PS-starken Bikes und Trikes sämtlicher namhafter Hersteller aus aller Welt auch manches betagte DDR-Gefährt aus Suhl oder Zschopau samt Auspuffwolke bewundern. Oder über die Kennzeichen staunen, die auf eine weite Anreise der Biker schließen ließen: etwa aus Leipzig, Genthin, Dresden, Berlin, Magdeburg, Jena, Erfurt, Gera, Dortmund, Bielefeld, Hildesheim, Salzgitter, Pforzheim… Und ganz viele Biker kamen natürlich aus Sachsen-Anhalt und dem benachbarten Thüringen.
Zum Beispiel Dagmar (57) und Roy Koch (48) aus Halle, jeder mit einer Honda. „Wir sind hier zum zweiten Mal dabei. Wir machen alle Treffen mit, soweit sie angesagt sind, und auch jede Ausfahrt, die wir kriegen können.“ Aus Lengefeld fuhr Egon Hübner mit: „Ich bin 62, das ist das richtige Alter. Ich fahre seit 1972 Motorrad.“ Seine Maschine, eine 1100er Shadow, hat er sich aus Amerika besorgt und dafür ein kleines Vermögen hingeblättert - ohne familiäre Proteststürme auszulösen. „Die Familie macht mit. Meine Frau und mein Sohn haben auch Motorräder.“ Aus Lengefeld, schätzte Hübner, waren 30 bis 40 Biker dabei. „Es werden jedes Jahr mehr.“
Dazu hatte gewiss auch der Wirbel im Vorfeld beigetragen, als die Stadtrunde als Auftakt zur Ausfahrt auf der Kippe stand. Denn Polizei und Kreisverwaltung hatten wegen der bis zu 2000 erwarteten Motorradfahrer Sicherheitsbedenken geäußert, dann aber wegen des öffentlichen Protests - auch der Stadt Sangerhausen - eingelenkt. Deshalb fuhren die Teilnehmer diesmal nicht geschlossen auf dem Stadtring zur Walkmühle, sondern in mehreren großen Gruppen; so brauchte der Gegenverkehr jeweils nur wenige Minuten zu warten.
Ilona und Dieter Weißhuhn aus Sangerhausen, die sonst immer bei der Stadtrunde zugeschaut hatten, kamen diesmal extra aufs Mafa-Gelände. „Na klar, nach dem ganzen Trubel vorher! Ich habe doch selbst früher eine 150er MZ gehabt“, erzählte Dieter Weißhuhn. „Es wäre schlimm gewesen, wenn Sangerhausen das verpasst hätte.“
Damit an „neuralgischen Punkten“ wie Einmündungen oder Kreuzungen nichts passierte, waren auch Polizisten mit Krädern im Einsatz. Außerdem fuhren zwei Funkstreifenwagen mit - an der Spitze und am Ende des Trosses.
„Sancho“ hatte am Morgen wegen des Wetters noch ein wenig Bauchschmerzen gehabt, wie er sagte. Die waren aber schnell verflogen. Und jetzt plant er sicher die 18. Tour. Man darf also auf die Werbekampagne gespannt sein. (mz)
