Ältestes Tabakgeschäft in Sangerhausen Ältestes Tabakgeschäft in Sangerhausen: Enkel des früheren Betreibers Arthur Rumstedt geht auf Spurensuche

Sangerhausen - Plötzlich stand da der Mann in ihrem Laden. „Ich glaube, das Geschäft hat mal meinem Großvater gehört“, sagte er. Und als er seinen Namen nannte, Jörg Rumstedt, da machte es bei Margrit Kolodziej Klick: Der Mann war der Enkel des früheren Ladenbesitzers Arthur Rumstedt. Der betrieb in 30er und 40er Jahren den Laden in der Bahnhofstraße, der heute als das älteste durchgängig betriebene Tabakwarengeschäft von Sangerhausen gelten darf.
Margrit Kolodziej geht zum 90-jährigen Bestehen des Tabakladens auf Spurensuche
Kolodziej kann das mit ziemlicher Sicherheit sagen, denn vor zwölf Jahren, zum 90-jährigen Bestehen des kleinen Ladens, hat sie selbst schon recht intensiv in dessen Geschichte geforscht. Arthur Rumstedt war ihr da schon begegnet. Nun konnte sie sich auch ein Bild von ihm machen: Sein Enkel hat ein altes Foto, das seinen Opa zeigt. Direkt vor dem Geschäft in der Bahnhofstraße, freundlich lächelnd auf dem Trittstein vor der Tür.
„Durch die Reklame wirkt es viel größer“, meint Kolodziej. Der kleine Laden ist typisch für jene Zeit – nur eine Tür und daneben ein schmales Schaufenster. Rundherum verkünden große Schilder, dass es hier „Cigarren“ und „Cigaretten“ gibt. Im Schaufenster wird Werbung gemacht für eine „stimmungsvolle Rheinlandreise“.
„Heute ist das Geschäft hier drinnen doppelt so groß“, sagt Kolodziej, die seit 1992 den Laden für Spirituosen, Tabak und Confiserie betreibt. Der Bereich, in dem jetzt die Ladentheke steht, gehörte damals gar nicht mit dazu. Eine gepflegte Zigarre bekommt man hier aber immer noch. Bis hin zur echten Cohiba. Wobei Margrit Kolodziej für die zurzeit am liebsten gar keine Werbung machen möchte. „Die hatten in Kuba eine Missernte und jetzt sind die großen Deckblätter Mangelware“, beschreibt sie den aktuellen Engpass auf dem Markt.
Neben Tabakwaren gehört heute ein gut sortiertes Whisky-Angebot zum Sortiment. Für Margrit Kolodziej eine echte Leidenschaft. Rund 100 Sorten hat sie auf Lager und wechselt ständig, um weitere vorstellen zu können. „Whisky ist das Getränk, das es weltweit mit den meisten verschiedenen Aromen gibt“, schwärmt sie. Mit ihrer „Genusscompany“ bietet sie nicht nur reine Whisky-Verkostungen an, sondern auch Seminare, bei denen man den Hochprozentigen aus den Highlands im Zusammenspiel mit Zigarren erforschen kann.
Die Begegnung mit Jörg Rumstedt war für Margrit Kolodziej ein willkommener Abstecher in die lange Tradition des kleinen Ladengeschäfts. Das hatte seit seiner Gründung 1914 etliche verschiedene Besitzer. „Wir kannten es immer unter ‚Kellers’“, sagt Kolodziej. Aber auch Arthur Rumstedt steht in den Annalen.
Arthur Rumstedt eröffnete Zigarettenladen in der Kylischen Straße
Er zog später mit seiner Zigarrenhandlung in die Kylische Straße um. „Dort war ich als Kind oft, konnte kaum über den Ladentisch gucken“, erzählt Jörg Rumstedt, der in Berlin geboren ist und auch heute noch dort lebt. Noch gut erinnern kann er sich an eine Anekdote: „Ein Mann kam rein und wollte eine Schachtel F6. Meine Oma sagte: ‚Haben wir nicht.’“ Und der Enkel, auf Sichthöhe unterm Ladentisch, rief: „Hier sind doch welche!“ Hinterher klärte ihn die Oma erst mal über das Thema Bückware auf.
Begeistert war Jörg Rumstedt jetzt bei seiner Spurensuche in Sangerhausen von der Hilfsbereitschaft der Leute und davon, wie gut sich viele noch an das Geschäft seines Großvaters erinnern können.
„Als ich im August in Sangerhausen ankam, habe ich direkt am Bahnhof einen älteren Herrn, Anfang 90, angesprochen, ob er wüsste, wo früher der Tabakwaren-Laden war, und er konnte sich sogar an meinen Großvater erinnern“, erzählt er.
Der heute 54-jährige Enkel von Arthur Rumstedt möchte die familiären Wurzeln in Sangerhausen gern weiter erforschen. Er weiß, dass sein Opa später auch zwei Kioske betrieb – am Bahnhof und im Rosarium. Für Hinweise ist Jörg Rumstedt immer dankbar. (mz)
Kontakt zu Jörg Rumstedt bei E-Mail an [email protected]