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1570er Jahre 1570er Jahre: Tryller leitet als Gerichtsherr Hexenprozesse

21.11.2016, 15:17
Ein handgezeichneter Stammbaum der Familie Tryller liegt im Stadtarchiv.
Ein handgezeichneter Stammbaum der Familie Tryller liegt im Stadtarchiv. Noack

Sangerhausen - „Caspar, steig aus, wir sind da!“, so stellt sich Pfarrerin Margot Runge die Ankunft der Familie Tryller im Mai 1571 in Sangerhausen vor, wie sie und andere Darsteller bei einem szenischen Gottesdienst zeigten. „‚Das ist der neue Amtsschösse’, tuscheln die Leute.“ Die Chronik des Superintendenten Samuel Müller (1592-1662) berichtet, dass Tryller auf einem Karren in die Stadt kam.

28-jähriger Tryller als neuen Amtsschösser und Amtmann eingesetzt

Caspar Tryller (1542-1625) wurde als Sohn einer Pfarrersfamilie in Saalfeld geboren und schlug eine Beamtenlaufbahn ein. Die Familie mit den kleinen Söhnen Caspar (2) und Heinrich (1) kannte wohl bei der Ankunft in Sangerhausen niemand in der Stadt. Kurfürst August von Sachsen (1526-1586) hatte den 28-jährigen Caspar Tryller von Neustadt an der Orla als neuen Amtsschösser und Amtmann hier eingesetzt. Neben der Stadt Sangerhausen gehörten die Orte Edersleben, Emseloh, Gonna, Grillenberg, Holdenstedt und Lengefeld sowie einige Rittergüter dazu.

Die Wirtschaft im Kurfürstentum sollte weiter gefördert werden. In Sangerhausen gab es Bergbau auf Kupferschiefer, im nahen Artern wurde Salz gewonnen. Der Amtsschösser war für die Finanz- und Wirtschaftsverwaltung zuständig, musste die Steuern einnehmen und an den Landesherren abführen.

Tryller übernahm zusätzlich die Amtsgeschäfte und war auch Gerichtsherr. Beides waren Aufgaben mit viel Ärger und hoher Verantwortung, aber nur geringem Einkommen. Beim Amtsantritt musste eine Kaution hinterlegt werden. Zusätzliche Einnahmen brachten die Abwicklung von Rechtsgeschäften. In den 1570er Jahren leitete er drei Hexenprozesse. Caspar Tryller wurde in Sangerhausen zu einer vermögenden Person.

Im Herbst desselben Jahres kam sein jüngerer Bruder Michael (1551-1610) nach und wurde von ihm als Amtsschreiber eingesetzt. 1576 kaufte Caspar Tryller den Morunger Hof in der Stadt. Im Jahre 1586 holte ihn Kurfürst Christian I. an den kurfürstlichen Hof in Dresden und setzte ihn als Rentmeister (Finanzbeamter) und Oberaufseher der sächsischen Bergwerke ein.

Tryllers Bruder übernimmt Sangerhäuser Amt

Damit war der Höhepunkt seiner Karriere erreicht. Sein Sangerhäuser Amt übernahm Bruder Michael. So blieb alles fest in den Händen der Familie. 1592 erhob Kaiser Rudolf II. die Familie in den Adelsstand. Zwei Jahre später fiel Tryller unter Kurfürst Christian II. in Ungnade, wurde der Ämter enthoben und zog sich auf sein Gut in Emseloh zurück. Bereits 1597 wurde er rehabilitiert.

Tryllers Sohn Caspar starb 1612, seine erste Frau Catharina Schillingste(ä)dt 1613 und Sohn Heinrich 1614. Die Söhne hinterließen keine Nachkommen. Caspar Tryller senior starb 1625 als reicher Mann. Er selbst „schlug sein Vermögen auf 140.000 Meißner Gulden an“. Testamentarisch stiftete er sie 1617 für öffentliche Zwecke, überwiegend für Sangerhausen. (mz/hno)