Laut Behörden illegal Umweltskandal in Querfurt: Bäume auf geschützter Wiese illegal abgeholzt

Querfurt - Die Empörung ist in Querfurt quasi mit Händen greifbar. „Ich kenne die Wiese noch von Kindstagen her“, sagt Steffen Bieda beim Anblick des Geländes am früheren Autohaus vor dem Nebraer Tor in Querfurt. Der frühere Eigentümer sei stolz gewesen, dass jedes Jahr ein Baum gepflanzt wurde. Viel ist davon nun allerdings nicht mehr übrig. Am Montag ist eine Reihe von Bäumen gefällt worden - nach Angaben des Kreises von einem Investor aus Leipzig, der das Grundstück neu erworben habe.
Verbotene Baumfäll-Aktion auf geschützter Streuobstwiese
Bei der Fläche handele es sich um eine Streuobstwiese, die dem besonderen Schutz nach Bundes- und Landesnaturschutzgesetz unterliegt und in das Verzeichnis der geschützten Biotope aufgenommen wurde, erklärte der Kreis als untere Naturschutzbehörde auf Nachfrage der MZ. Damit seien Eingriffe verboten, die zu einer erheblichen Beeinträchtigungen des Biotops führen können. „Insofern sind die vorgenommenen Baumfällungen rechtswidrig erfolgt und dürfen nicht fortgesetzt werden“, so Kreissprecherin Kerstin Küpperbusch.
Vor Ort hatten die Arbeiten am Montag für heftige Aufregung gesorgt. Er habe am Vormittag plötzlich Kettensägengeräusche gehört, so Anwohner Thomas Veit. Da seien bereits Eschen gefallen. Er habe dann die Stadt informiert. „Wenn ich als Privatmann bei mir im Garten einen Laubbaum fällen will, muss ich zu Pontius und Pilatus rennen, um Genehmigungen ranzuholen“, sagt Steffen Bieda. Wenn das in diesem Fall nicht passiert sei, störe ihn das.
Mitarbeiterin der Stadt war vor Ort - Fällarbeiten gingen danach einfach weiter
Nach Schilderung der Stadt war eine Mitarbeiterin vor Ort und hat zur Einstellung der Fällarbeiten aufgefordert. Als sie weg war, seien die aber fortgesetzt worden. Bürgermeister Andreas Nette (parteilos) sagt, er sei „erschüttert über die Dreistigkeit. Das ist die blanke Unverschämtheit.“ Abgesehen von der geschützten Streuobstwiese hätte es auch für die Fällung der Eschen einer Genehmigung bedurft - in dem Fall laut Baumschutzsatzung der Stadt. Die Arbeiten seien aber ohne Absprache mit Stadt oder Kreis erfolgt.
Thomas Veit, der Gerüchte zurückwies, er selbst sei beteiligt gewesen, alarmierte nach eigenen Angaben erneut die Stadt, als die Fällungen weitergingen - und dann auch die Naturschutzbehörde. Auf seine eigene Ansprache hin hätten die Männer so getan, als würden sie zusammenpacken.
Verschwunden seien sie, als fast alle Bäume am Boden lagen. Für Veit war es Vorsatz, Anwohnerin Friederike Seidler spricht von einem Skandal. Laut Kreis wurden die Arbeiten nach Rücksprache von der Stadt gestoppt.
Illegal Bäume in Querfurt gefällt: Wie reagiert die Stadt jetzt?
Die Stadt kündigte an, Ersatzpflanzungen anzuweisen. Zudem werde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Gleiches erklärte der Kreis, da es sich um einen „ungenehmigten Eingriff handelte“, eine Ordnungswidrigkeit. Und: „Es wurden Ersatzpflanzungen zur Wiederherstellung der Streuobstwiese am Ort angeordnet“, so Küpperbusch. Grundsätzlich wäre als Ausnahme möglich, dass eine Wiese an anderer Stelle in der Nähe angelegt werde. „Das dürfte aber praktisch schwer umsetzbar sein.“
Sollten mit der Fällaktion schnell vollendete Tatsachen geschaffen werden, wie in Querfurt vermutet wird? Für das Gelände gab es nach MZ-Informationen 2017 eine Investoren-Anfrage zum Bau eines Discounters. Verwaltung und Fraktionsvorsitzende des Stadtrates hatten das abgelehnt, aber auch erklärt, dass der Kreis das Einvernehmen der Stadt baurechtlich ersetzen könne. Vor Ort wurden am Montag ein Leipziger Auto und bei einem Mann die Aufschrift einer Leipziger Immobilienfirma gesehen. Auf Anfrage der MZ wollte sich das Unternehmen nicht äußern. (mz)