Kalkwerk zwischen Querfurt und Lodersleben Kalkwerk zwischen Querfurt und Lodersleben: "Es war eine schöne Zeit"

Querfurt - „Es war eine schöne Zeit“, sagt Ingrid Rudolph wenn sie an ihre Arbeitsjahre im Kalkwerk Querfurt zurückdenkt, „es war ein guter Zusammenhalt, wir haben schöne Betriebsfeiern und Ausflüge gemacht.“ Und wie war die Arbeit im Werk? „Es war eine Knochenarbeit“, fügt ihr Ehemann Horst an, der auch in dem Werk, das sich zwischen Querfurt und Lodersleben befand, von 1954 an gearbeitet hat.
Die Querfurter Kalkindustrie AG wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet, in den 1970ern stillgelegt und die Anlagen alsbald beseitigt. Viele Jahre ist das Werk in Querfurt schon verschwunden. Damit es nicht in Vergessenheit gerät, haben ehemalige Mitarbeiter wie das Ehepaar Rudolph, das in Querfurt wohnt, und Ludolf Jünemann, der verstorben ist, ihre Erinnerungen niedergeschrieben.
Kalkwerk Querfurt: „Einzelheiten über die Gründung liegen nicht vor“
Es ist bekannt, heißt es von den ehemaligen Mitarbeitern, dass zwischen Querfurt und Lodersleben schon im 19. Jahrhundert in verschiedenen kleinen Kalksteinbrüchen Steine gewonnen und in teilweise kuppelförmigen Öfen zu Branntkalk verarbeitet wurden. Die geringen Mengen waren wohl nur für den lokalen Bedarf gedacht. Ob die vorhandenen Öfen die Vorläufer des Kalkwerkes waren, dafür konnten keine Belege gefunden werden.
Überhaupt: „Einzelheiten über die Gründung liegen nicht vor“, so die ehemaligen Mitarbeiter, die auf die Jahreszahl 1904 verweisen, die an einer Wand des Lokschuppens gestanden haben soll. Das Gründungsjahr? Möglich. Eine andere Quelle, Aufzeichnungen des Altertums- und Verkehrsvereins Querfurt, nennen das Jahr 1911, in dem mit dem Bau des Kalkwerkes begonnen worden sein soll. Ein Jahr später habe die Produktion begonnen.
Ein Ringofen und zwei Schachtöfen wurden für die Kalkherstellung betrieben
Ein Ringofen und zwei Schachtöfen wurden für die Kalkherstellung betrieben. Über die Anfangsjahre können die Mitarbeiter berichten, dass die Energie für das Betreiben der Maschinen selbst erzeugt werden musste: „Dazu stand in dem Maschinenhaus ein Lokomobil, eine Dampfmaschine.“ Dass um 1913 neue Anlagen für das Werk entstanden sind, geht aus Bauunterlagen hervor.
Beim Stadtarchiv Querfurt liegt zum Beispiel eine Zeichnung zum Neubau eines Kontorgebäudes vom März 1914 vor. Aus den Unterlagen lässt sich auch auf einen Brand im Werk schließen: Eine Zeichnung zum Wiederaufbau des Dachstuhles des abgebrannten Kalkmühlengebäudes vom Oktober 1917 ist da zu finden.
Kalkwerk gehörte zu den großen Arbeitgebern Querfurts
Das Kalkwerk gehörte zu den großen Arbeitgebern Querfurts. Es sei körperlich schwere Arbeit gewesen, sagt Horst Rudolph. Viel war Handarbeit. So mussten schwere Steine in Loren und in Öfen gestapelt werden. Die für den Ringofen waren zum Beispiel bis zu 25 Kilogramm schwer. Auch Gefahren brachte die Arbeit mit sich, so zum Beispiel von Verätzungen, wenn Branntkalk mit Körperschweiß reagierte.
Der Kalk aus dem Werk hat in der Bauindustrie und in der Land- und Forstwirtschaft über die Kreisgrenzen hinaus reißenden Absatz gefunden, erklären Horst und Ingrid Rudolph. Er war in der Werkstatt tätig, sie im Büro. Roh- und Branntkalk wurden hergestellt und verkauft. Laut den Aufzeichnungen der ehemaligen Mitarbeiter wurde Branntkalk auch teilweise mit Wasser zu Kalkhydrat gelöscht.
Das Hydrat hatte den Handelsnamen ’Ideal’
„Das Hydrat hatte den Handelsnamen ’Ideal’ und war als Baukalk geschätzt.“ Das Werk war an die Bahnlinie Querfurt-Vitzenburg angeschlossen. So konnte der Transport abgesichert werden. Die Ehemaligen meinen, ohne den Gleisanschluss wäre das Kalkwerk wahrscheinlich nicht gebaut worden.
In Unterlagen über die Liefergemeinschaften für Düngekalke aus den 1920er Jahren haben sie gefunden, dass das Kalkwerk Querfurt zusammen mit den Betrieben Hohenerxleben und Förderstedt zu den Kalk- und Zementwerken Staßfurt gehörte. Weil ausländische Eigner in das Unternehmen investiert und somit Mitspracherecht erworben hatten, sei das Kalkwerk Querfurt nach 1945 nicht „Volkseigener Betrieb“ geworden.
Kalkwerk Querfurt: „Es stand unter Treuhandschaft und staatlicher Finanzaufsicht.“
„Es stand unter Treuhandschaft und staatlicher Finanzaufsicht.“ Im Jahr 1956 erfolgte die „Verknüpfung“ mit dem Kalkwerk Schraplau. „Damit war die fachliche Anleitung wesentlich qualifizierter geworden“, so die einstigen Mitarbeiter. Weil das Querfurter Werk nicht mehr rentabel war, wurde die Produktion am 25. Juni 1971 beendet und der Betrieb im drauffolgenden Juli geschlossen.
Im Werk Schraplau und umliegenden Betrieben wie dem Zementwerk Karsdorf fanden Mitarbeiter Folgeanstellungen. Anlagen in Querfurt wurden beseitigt, teilweise gesprengt. Die Fläche wurde betoniert und dann zeitweilig zur Lagerung von Zuckerrüben oder Getreide genutzt. (mz)



