Eindeutige Einladungen Kalbitz und Rapper Ares: Ist der Saalekreis-AfD eine drohende Beobachtung durch den Verfassungsschutz egal?

Querfurt - Der Verfassungsschutz ist ein beliebtes Feindbild der AfD im Saalekreis. Besonders Kreischef Hans-Thomas Tillschneider arbeitet sich immer wieder an den Behörden in Bund und Land ab. Schließlich haben die in letzter Zeit immer mehr Organisationen im Umfeld der AfD unter Beobachtung gestellt.
Beobachtung durch den Verfassungsschutz wird von AfD nicht akzeptiert
Im März wurde der mittlerweile formal aufgelöste, parteiinterne Flügel, dem große Teile des Kreisvorstandes zugerechnet werden können, als rechtsextrem eingestuft. Zuletzt gerieten auch das Institut für Staatspolitik von Götz Kubitschek in Schnellroda, zu dem gerade Tillschneider enge Kontakte unterhält und der rechtsextreme Verein „Ein Prozent“, dessen Gründung der Kreischef einst als Schirmherr begleitet hatte, offiziell in den Fokus der Verfassungsschützer.
Die hatte der Landtagsabgeordnete in der Vergangenheit als Machtinstrument der etablierten Parteien gegeißelt: Hier werde eine Regierungsbehörde zur Niederhaltung der Opposition missbraucht, behauptet er etwa im Vorjahr und erklärte: In der AfD würde nichts eine Beobachtung rechtfertigen.
AfD-Kreisverband Saalekreis macht Wahlkampf mit der extremen Rechten
Eine offizielle Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist allerdings ein Makel, den vor allem die Bundespartei seit Jahren versucht abzuwenden. So wurden nicht Vereinbarkeitslisten verabschiedet, auf der sich viele rechtsextreme Organisationen fanden und die Auflösung des „Flügels beschlossen, mit dem Ziel, die bürgerliche Fassade zu wahren."
Der Kreisverband Saalekreis scheint daran nunmehr das Interesse verloren zu haben und eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz zumindest billigend in Kauf zu nehmen. Im beginnenden Wahlkampf für die Landtagswahl kokettiert er zumindest sehr offen mit der extremen Rechten, wie zwei Einladungen zeigen.
Zweifelhafte Wahlkampfunterstützung: rechtsextremer Rapper
Eine davon tauchte am Freitag auf der Facebookseite der Saalekreis-AfD auf. Sie war an Szenerapper Chris Ares gerichtet. Der relativ erfolgreiche Musiker, der vom bayrischen Verfassungsschutz der rechtsextremen Identitären Bewegung zugerechnet wird, wollte zuletzt in Ostsachsen ein Kultur- und Kampfsportzentrum aufbauen, kündigte zudem ein rechtes Siedlungsprojekt in der Region an. Allerdings lehnte der Stadtrat von Bischofswerda das „Patrioten-Jugendzentrum“ vergangene Woche ab. Sogar die AfD-Fraktion stimmte dagegen.
Das brachte ihr nicht nur viel Unmut aus Ares’ Fanlager ein, sondern auch Kritik von den Parteifreunden im Saalekreis, die sich als Fans des Rappers outeten. Dessen Anliegen seien uneingeschränkt förderungswürdig, schrieb die AfD auf Facebook und begründete dies mit einer vermeintlichen Bedrohung durch Zuwanderer.
Schnellroda, eine „Zentrale des intellektuellen Widerstands“
„Krankt unsere Jugend doch daran, sich körperlich kaum noch gegen aggressive Migranten zur Wehr setzen zu können. Wenn wir uns nicht damit abfinden wollen, dass deutsche Kinder und Jugendliche geschlagen, ausgeraubt, gedemütigt und als ,Opfer’ verspottet werden, sollten wir sie zur Gegenwehr erziehen.“
Sodann folgte eine Einladung an Ares, seine Ideen doch im Saalekreis umzusetzen. Hier gebe es noch günstige und geeignete Immobilien. Mit Schnellroda liege hier sogar eine „Zentrale des intellektuellen Widerstands.“
Demobesuch des Flügel-Chefs Kalbitz
Zur deutlichen Rechtsaußenpositionierung des Kreisverbandes passte auch die Einladung des zuletzt vom Bundesvorstand wegen mutmaßlich bei Parteieintritt verschwiegener Mitgliedschaften in rechtsextremen Organisationen aus der Partei geworfenen Andreas Kalbitz zur Wahlkampfdemo am Montagabend in Querfurt.
Der bisherige Brandenburger AfD-Chef und führende Vertreter des Flügels erhielt dort den finalen Platz auf der Rednerliste, den er unter anderem nutzte, um die Randale von Stuttgart vor einigen Wochen politisch zu instrumentalisieren, in dem er sie als „konzertiere Aktion“ einer angeblichen „Migrantifa“ bezeichnete. Ansonsten gab sich Kalbitz in seinen Ausführungen, die von lediglich 80 AfD-Anhängern - bei früheren Demos in Querfurt gab es stets dreistelligen Teilnehmerzahlen - verfolgt wurden, vergleichsweise zahm.
Kritik am Verfassungsschutz zog sich durch mehrere Redebeiträge
Mehr sprachliche Schärfe kam da von den Gastgebern. Unter Rasseln, Topf schlagen und Sprechchören von gut 70 Gegendemonstranten, versicherte etwa Tillschneider Kalbitz die „uneingeschränkte Solidarität des Kreisverbandes Saalekreis gegen den Terror der politischen Querköpfe, die Dich aus der Partei haben wollen.“ Eine klare Kante gegen die Bundesführung um AfD-Chef Meuthen. Der Merseburger Landtagsabgeordnete Wald behauptete: „Multiethnische Gesellschaften sind die Hölle.“
Kritik am Verfassungsschutz zog sich durch mehrere Redebeiträge. Kalbitz mutmaßte, viele Mitarbeiter dort hätten Bauchschmerzen, weil sie „als Regierungsschutz missbraucht“ würden. Tillschneider sprach von den „Schwachköpfen“ des Verfassungsschutzes. Angesprochen auf eine mögliche Überwachung der Partei erklärte er, dass sei ihm mittlerweile egal. Man werde dagegen im Zweifelsfall gerichtlich vorgehen: „Das wird juristisch keinen Bestand haben. Ich hoffe da auf die Richter.“ (mz)