1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Querfurt
  6. >
  7. Interview mit dem zukünftigen Bürgermeister: Interview mit dem zukünftigen Bürgermeister: Was Andreas Nette mit Querfurt plant

Interview mit dem zukünftigen Bürgermeister Interview mit dem zukünftigen Bürgermeister: Was Andreas Nette mit Querfurt plant

11.10.2017, 09:57
Andreas Nette an seinem neuen Schreibtisch: Er wird am Donnerstag als Bürgermeister vereidigt.
Andreas Nette an seinem neuen Schreibtisch: Er wird am Donnerstag als Bürgermeister vereidigt. Marco Junghans

Querfurt - Am Donnerstag wird der neue Querfurter Bürgermeister Andreas Nette vereidigt. Der parteilose 34-jährige Verwaltungsmitarbeiter, von der SPD nominiert, hat vor dem Amtsantritt mit Katrin Löwe und Michael Bertram gesprochen.

Ihre Vorgängerin Nicole Rotzsch war zwei Jahre im Amt. Wie lange bleiben Sie?
Andreas Nette: Mindestens sieben. Für diese Zeit bin ich gewählt. Ich denke, durch meine achtjährige Tätigkeit in der Stadtverwaltung Querfurt weiß ich, was auf einen zukommt. Das ist nicht nur Repräsentation, das ist vor allem ganz viel Verwaltungsarbeit, viel Aktenarbeit und Entscheidungen treffen. Da denke ich einfach, das kann ich.

Frau Rotzsch hat viel Erfahrung mitgebracht, saß im Landtag, hat Politik gelebt. Hat sie die Aufgaben unterschätzt?
Nette: Landespolitik ist etwas anderes als die Arbeit in einer Kommune. Wir hier haben keine Politik zu machen. Wir haben das anzuwenden, was von Bundes- oder Landesebene entschieden wird - und das im Interesse der Bürger umzusetzen. Wenn wir hier anfangen, Politik zu machen, vertun wir Zeit. Kleinkarierte Parteikonflikte sind keinem nützlich. Ob sie es falsch eingeschätzt hat, möchte ich nicht entscheiden.

Was wollen Sie anders machen?
Nette: Wir haben den Bericht vom Rechnungsprüfungsamt, den wir Stück für Stück abarbeiten. Erster Schritt ist die Organisation im Haus. Zum Teil ist es so, dass ein Mitarbeiter vom anderen nicht weiß, was er macht, wofür er zuständig ist. Das kann nicht sein. Es wird Verschiebungen geben.

Der eine oder andere wird vielleicht von einer Entscheidung getroffen, mit der er nicht glücklich ist. Ich würde also mal sagen: entscheiden. Vieles wird und muss vom Stadtrat entschieden und in den Ausschüssen beraten werden. Aber es gibt auch Spielraum, den ein Bürgermeister hat. Den bin ich gewillt zu nutzen. Wir haben so viel auf dem Tisch, da können wir uns keine langen Debatten erlauben.

Nach dem, was aus dem Prüfbericht zuletzt zitiert wurde, gibt es offenbar ein ziemliches Chaos. Es hieß, Altbürgermeister Peter Kunert habe versäumt, eine geregelte innere Verwaltung aufzubauen.
Nette: Fairnesshalber muss man sagen: Chaos - da würde hier nichts mehr funktionieren. So ist es auch nicht. Es gab eine sogenannte Verwaltungsoptimierung einen Monat vor Ende der Amtszeit des Altbürgermeisters im Jahr 2015. Sie hatten davon berichtet. Was man dabei vergessen hat, ist die ganzen Abläufe im Haus zu regeln. Es gab nur bedingt für Mitarbeiter Stellenbeschreibungen. Was es gab, ist eine Einschätzung der Stellenbewertungen. Diese wurde von auswärtigen Büros in den Vorjahren gemacht, aber nicht umgesetzt. Die Bewertung wird jetzt das größte Problem. Was da rauskommt, ob die Eingruppierungen bisher richtig vorgenommen wurden, kann ich nicht abschätzen.

Sie haben Mitarbeiter genannt, die vielleicht andere Aufgaben erhalten. Ihnen ist es 2015 selbst so gegangen, das haben Sie nicht so gut aufgenommen.
Nette: Weil ich in der Position, wo ich war, ganz gut gewesen bin. Das war ein rein politischer Schachzug, um eventuell zukünftige Konkurrenz ins Abseits zu schieben. Im Nachhinein ist es natürlich so, dass ich aus der Zeit etwas Positives mitgenommen habe, gerade den Einblick in die Finanzen. Aber die ursprüngliche Absicht der damaligen Entscheidungsträger war etwas anderes.

Wo sind Einsparpotenziale?
Nette: Wenn Mitarbeiter in Rente gehen, werden Stellen wegfallen - mittelfristig fünf. Bei bestimmten Schlüsselpositionen können wir dem Prüfbericht nicht folgen. Zehn Stellen abbauen geht nicht.

Ein Punkt laut Rechnungsprüfung sind Sportstätten. Der Betrieb ist unheimlich teuer...
Nette: In die 120.000 Euro sind auch Leistungen vom Bauhof reingerechnet. Das ist nicht Geld, das wir in barer Münze ausgeben. Trotzdem ist es ein großer Punkt. Wir werden da rangehen, zusammen mit Kreissportbund, Stadtrat, Ausschüssen und Vereinen, um eine Beteiligung der Vereine an Betriebskosten zu regeln. Sport ist für mich wesentlicher Faktor für Daseinsvorsorge und Lebensqualität. Da werden wir nicht die Grundlagen abgraben - genau so ist es mit Vereinshäusern. Es geht aber nicht mehr alles umsonst.

Für Vereinsmitglieder heißt das unter Umständen: höherer Beitrag. Haben Sie nicht Angst, sich ins Abseits zu stellen?
Nette: Nein, weil ich die Akteure kenne und weiß, dass Bereitschaft da ist. Es gibt eine Idee, die müssen wir aber erst in entsprechenden Gremien vorbesprechen. Sie sehen mich hier optimistisch sitzen.

Ihre Vorgängerin hat den Neujahrsempfang abgeschafft. Wird es den wieder geben?
Nette: Das können wir uns momentan nicht erlauben. Das Gefühl „Wir sind Querfurt“ konnte man über den Empfang schön kommunizieren. Aber wir haben kein Geld. Der Tag der offenen Tür im Rathaus wird gestrichen. Wir werden aber mehr Wert auf den Bauernmarkt legen.

Was sind Sie für eine Führungspersönlichkeit?
Nette: Sachlich, kompromissbereit. Vielleicht punktuell ein bisschen ungeduldig. Zack, zack - Ergebnisse. Das wird nicht immer so gehen.

Welche Hobbys hat der neue Bürgermeister. Was ist sein Lieblingsessen? Die MZ hat nachgefragt.
Privates: Alleinstehend. „Ich kann mich voll auf die Arbeit konzentrieren.“
Vereine: Nette ist Chef der Pfingstburschen - „das ist ausfüllend genug“ -, sportlich aktiv beim TSV 90, im Förderverein des Gymnasiums und bei der Wasserwacht („wenn es die Zeit zulässt, das wird sicher ein bisschen schwieriger“).
Urlaubsorte: Der Querfurter ist eher in Europa unterwegs, fände es aber auch schön, wieder in den Orient zu reisen. Der letzte Urlaub war in Andalusien. Davor ging es auch nach Italien, Frankreich, Polen.
Lieblingsessen: Kohlrouladen
Lieblingsmusik: „Da bin ich eigentlich für alles offen. Was ich nicht so gern habe, ist dieser Elektrokram.“
Lieblingsbuch: Die drei Musketiere

Sie sind eine sehr junge Führungskraft, da scheint ein Trend im Saalekreis hinzugehen. Warum können die Jungen es plötzlich besser?
Nette: Die haben sich einfach gestellt und wurden gewählt. Vielleicht ist es wirklich so, dass man sagt, ab einem gewissen Alter reicht es auch und man sollte die Jungen ranlassen, weil die ein besseres Verständnis von der Zeit haben.

Was wird in sieben Jahren für die Querfurter besser laufen?
Nette: Sie werden eine bürgerfreundliche Verwaltung vorfinden, wo viel auf elektronischem Weg möglich sein wird. Wir werden weitere Sanierungsmaßnahmen in der Altstadt vornehmen - Paradebeispiel ist der Freimarkt -, aber auch in Infrastruktur der Ortsteile investieren. Wir haben dann hoffentlich einen ausgeglichenen Haushalt, so dass wir uns nicht mehr über freiwillige Aufgaben mit Prüfbehörden streiten müssen. Und Stichwort Tourismus: engere Vernetzung mit Kreis, Saale-Unstrut-Tourismus, unseren Nachbarn - ganz einfach auch durch Touristen eine belebtere Stadt.

Man hat seit 2015 sehen können, dass Querfurt das eine oder andere Problem mit Rechts hat.
Nette: Haben wir ein Problem mit Rechts? Wir hatten zwei Demonstrationen so genannter „besorgter Bürger“. Diese wurden von Auswärtigen organisiert. Querfurter, die daran teilnahmen, sollten hinterfragen, wem sie da hinterhergelaufen und was deren wirkliche Ziele sind. Ich würde in keinem Fall sagen, dass Leute, die mitgelaufen sind, vorrangig rechts gewesen sind. Sicher frustriert und enttäuscht über den Umgang der Politik mit der Flüchtlingskrise.

2016 nannte die FAZ Querfurt ein „fremdenfeindliches Städtchen ohne Ausländer“...
Nette: Der Artikel war absolut reduziert. Es gibt auch Gruppierungen in Querfurt, die vertreten Offenheit, Menschlichkeit und Toleranz. Querfurt ist keine fremdenfeindliche Stadt.

(mz)