Wildfütterung Wildfütterung: Notzeit in den Harzrevieren
HARZGERODE/MZ. - Die seit Wochen anhaltende strenge Winterwitterung und die neuen Schneefälle der letzten Tage gehen auch an den Tieren des Harzer Waldes nicht spurlos vorbei: Der Kreisjägermeister des Landkreises Goslar hat seit Donnerstag für alle Harzreviere ab einer Höhenlage von 400 Metern (über N.N.) im Nachbarlandkreis Goslar die Notzeit ausgerufen.
Dort ist ab sofort die Jagd verboten, und die Revierinhaber im Westharz müssen für eine ausreichende Fütterung der Wildtiere sorgen. Die Notzeit ist nach dem Niedersächsischen Jagdgesetz vorgesehen, wenn das Wild aufgrund äußerer Umstände an Futtermangel leidet. Die Tiere bewegen sich dann möglichst wenig und senken ihren Energiebedarf stark ab. Wintersportler und Wanderer sollten daher Loipen und Wege nicht verlassen, um das Wild möglichst wenig zu stören.
Eine Notzeitsituation wurde bislang nicht als erfüllt angesehen, da normale Schneelagen in der Regel nicht dazu führen, dass das Wild Not leidet. Die Wildarten sind an die derzeitige Situation angepasst. Sie haben den Haarwechsel vollzogen, Fettreserven gebildet und sind in tiefere und geschützte Lagen gezogen. Das lang anhaltende Winterwetter mit Schneehöhen bis zu einem Meter, verharschte Oberflächen und die nachlassenden Fettre-serven der Tiere haben nun jedoch zu der neuen Beurteilung der Situation geführt, heißt es aus dem Landratsamt in Goslar.
Im östlichen Teil des Harzes ist die Situation etwas anders. "Laut Jagdgesetz des Landes Sachsen-Anhalt sind wir als zuständige Jagdbehörde nicht ermächtigt, die Notzeit für unser Zuständigkeitsgebiet auszurufen", erklärte Frank Ruch, Abteilungsleiter beim Ordnungsamt des Landkreises Harz. Hier werde auf die Eigenverantwortung der knapp 200 Jagd- und Forstrevierinhaber, dies sind die Forstreviere, Eigenjagdbezirke oder Pachtreviere, gesetzt. Dies heißt, dass diese eigenständig je nach Situation entscheiden, ob in ihren Revieren die Tiere zusätzlich gefüttert werden müssen. Die Untere Jagdbehörde im Landkreis Harz stehe deshalb mit dem Kreisjägermeister und dem Jägerbeirat in enger Verbindung, um die "Notsituation zu beobachten".
Für die betroffenen Revierinhaber werde dann vom Landkreis eine schriftlich Information herausgegeben, wo unter anderem auf die Verwendung der zulässigen Futtermittel und die 200 Meter Jagdbannmeile um die Fütterungsstellen hingewiesen werden.
In der Regel werde das Ausrufen von Notzeiten in den Forstrevieren verantwortungsvoll gehandhabt, weiß auch der Mitarbeiter der Unteren Jagdbehörde des Landkreises Harz, Klaus Brammer, zu berichten. Der Schutz des Wildes liege schließlich auch im Interesse der Revierinhaber. "Herrscht eine Notsituation vor, so muss sie der Behörde gemeldet werden", so Brammer. Bisher läge allerdings aus den Forstrevieren im Landkreis Harz keine Meldung vor. Die Behörde sehe im Moment auch keinen Grund für Kontrollen, ob solche Wildnot in einzelnen Bereichen besteht.
"Das Wild hat schon Not", weiß dagegen Peter Kaschner, Leiter des Forstbetriebes Ostharz im Landesforstbetrieb Sachsen-Anhalt in Harzgerode. Von ihm werden zirka 18 000 Hektar Wald zwischen Blankenburg und Meisdorf samt Hakel und Huy betreut.
Trotz der Not rät Kaschner: "Bitte die Tiere im Wald nicht aus Mitleid füttern." Der natürliche Energiebedarf der Tiere sei zu dieser Jahreszeit ohnehin auf ein Minimum abgesenkt. "Die Tiere vertragen nicht die gut gemeinte Gabe von Brötchen, Brot und Kartoffelschalen und verenden dann qualvoll", weiß der Leiter von einigen Fällen zu berichten. Zu den Maßnahmen, die der Forstbetrieb Ostharz seit Wochen ergriffen hat, um die Not der Waldtiere zu lindern, zählen das regelmäßige Freischieben von Waldwegen und -rändern sowie einiger Futterflächen im Wald. Damit werde gewährleistet, dass die Tiere auf natürliche Weise an Gras, Bucheckern oder Eicheln gelangen. Zusätzlich werde an einigen Futterstellen Heu ausgebracht, vermischt mit Futterrüben. Letzteres, um die Flüssigkeitszufuhr für die Tiere zu gewährleisten, meint Peter Kaschner.