Trockenheit Volle Talsperren, wenig Wasser in Bode und Selke - Wie passt das zusammen?
Die Rappbodetalsperre im Harz ist derzeit gut gefüllt. Auf der anderen Seite führen Bode und Selke wenig Wasser. Experten erklären, wie das zusammenhängt.

Landkreis Harz/MZ - Rund 82 Millionen Kubikmeter Wasser hat die Rappbodetalsperre derzeit gespeichert. Sie ist damit gut gefüllt, erklärt der Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt. Auf der anderen Seite führen Bode und Selke deutlich weniger Wasser als in den vergangenen Jahren; an der Selke bei Güntersberge wurde am gestrigen Mittwoch ein Pegelstand von nur neun Zentimetern registriert. Wie passt das zusammen?
Füllstände sind im Sommer am höchsten
Talsperren werden in der Regel durch das „Überschusswasser“ - dazu gehören Niederschläge und Schnee, die vom Boden nicht aufgenommen werden - im Winterhalbjahr aufgefüllt, erklärt eine Sprecherin des Landesbetriebes für Hochwasserschutz auf Nachfrage der MZ. Der im Winter frei gehaltene Hochwasserrückhalteraum werde kleiner und die nutzbare Wassermenge für den Sommer vergrößere sich. Die Füllstände seien daher am Sommeranfang am höchsten.
Alle Talsperren werden nach Betriebsplänen bewirtschaftet, in denen die jeweiligen Stauziele der Talsperren für Winter und Sommer und damit auch die Füllhöhen festgelegt sind.
Talsperren dienen nicht nur der Bereitstellung von Trinkwasser oder dem Freizeitvergnügen wie zum Beispiel am Birnbaumteich in Neudorf, am Bremer Teich in Gernrode oder am Mühlenteich in Güntersberge. Das in den Talsperren gesammelte Wasser wird auch genutzt, um damit Flüsse zu versorgen, die zu wenig davon haben: „Die rechnerisch ermittelte natürliche Wasserführung der Bode betrug am 1. August im Bereich von Wendefurth circa 0,45 Kubikmeter pro Sekunde und war damit deutlich geringer als die mit 1 Kubikmeter wasserrechtlich vorgegebene Mindestwasserführung“, nennt die Sprecherin ein Beispiel. Diese Differenz werde über die Wasserabgabe aus der Rappbodetalsperre ausgeglichen.
Da nicht abschätzbar sei, ob das kommende Winterhalbjahr nass oder trocken wird, müsse mit dem Wasser im Interesse der Trinkwasserversorgung sparsam umgegangen werden. Die Flüsse sollen weiterhin mit Wasser aufgefüllt werden, wenn es nötig ist; der Bode beispielsweise werden laut Landesbetrieb bis zu 900 Liter pro Sekunde zugeführt. „Eine jährliche Zuschussmenge für die Bode ist in der Wassermengenbewirtschaftung der Rappbodetalsperre berücksichtigt.“
Wasserstand fällt um mehr als einen Meter
Auch die Selke wird auf diese Art unterstützt: Aus dem Straßberger Kiliansteich wurde beispielsweise am 1. August die Mindestabgabemenge von 5 auf insgesamt 50 Liter je Sekunde erhöht, nennt die Sprecherin eine weitere Zahl. Die Folgen der Trockenheit auf diese Weise auszugleichen schafft allerdings neue Herausforderungen: „Die erhöhte Wasserabgabe wird dazu führen, dass der Stauinhalt bis Mitte, Ende September um circa 220.000 Kubikmeter zurückgehen wird. Der Wasserstand wird um etwas mehr als einen Meter fallen. Beim Erreichen des Winterstauziels muss dann über die weitere Verfahrensweise zur Stützung der Selke neu entschieden werden.“
Die Füllstände der Talsperren bewegen sich im Normalbereich, teilweise aber auch darunter, etwa am Teufelsteich bei Neudorf und am Frankenteich bei Straßberg. Das zeige, „dass trotz geringer Zuflüsse die Talsperren gut bewirtschaftet werden“. Aber wo ist die Leistungsgrenze, wenn es weiter so trocken bleibt? Sollten die Talsperren in den nächsten Jahren mehr Wasser abgeben müssen, „so müsste die Machbarkeit und die damit verbundenen ökologischen Auswirkungen auf die Talsperren und Fließgewässer sowie die Wirksamkeit der Maßnahmen umfassend geprüft werden“, betont der Landesbetrieb. Ein zu starkes Absenken des Wasserspiegels könnte zur Freilegung größerer Stauseebodenflächen und damit für dort siedelnde Arten zu Problemen führen.