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Uhrendoktor kümmert sich um uralte Patienten

Von SIGRID DILLGE 04.01.2009, 18:52

HARZGERODE/MZ. - Sein ältester Patient bislang war die Silberhütter Kirchturmuhr. Sie wurde etwa um 1770 gebaut. "Das ist ein geschmiedetes Werk mit Scherenhemmung", weiß Schott und fügt hinzu, dass die ersten Uhrmacher Schmiede waren. Uhren mit dem speziellen Gangsystem der Scherenhemmung gibt es in der gesamten Umgebung nicht. Das Silberhütter Exemplar ist somit etwas ganz Besonderes. Und das in mehrfacher Hinsicht.

Bis 1932 war es in einem Uhrenturm in Silberhütte eingebaut. Als die Eigentümer der Sägewerke Silberhüttes sich zum Bau einer eigenen Kirche im Ort entschlossen und das Kirchlein binnen vier Monaten aus einheimischer Fichte errichteten, bauten sie auch diese Uhr dort ein. 1967 blieb sie stehen, konnte aber wegen Geldmangels nicht wieder in Betrieb gehen. 1999, bei der Reparatur der neuen Kirchturmuhr in Silberhütte, die per Funk gesteuert wird, erhielt Schott von der Kirchgemeinde die Erlaubnis, die alte Uhr zu bergen. Seither steht sie auf dem Grundstück des Uhrendoktors. Der brachte sie zunächst in Gang, doch eine Renovierung konnte erst vor wenigen Wochen abgeschlossen werden.

Bei dieser Arbeit konnte Schott - wie auch schon bei der Generalüberholung der Harzgeröder Kirchturmuhr - auf die Mitglieder des Freundeskreises Hasacanroth zurückgreifen. "Sanitäter" nennen sie sich mittlerweile scherzhaft. Auch bei der Silberhütter Kirchturmuhr assistierten sie dem Uhrendoktor.

Wolfdieter Ludwig war schon 1999 dabei, als die Uhr aus der Kirche geholt wurde. Jochen Kaiser, Joachim Ender und Lutz Wisnewski zerlegten den Zeitmesser in seine Einzelteile, reinigten und entrosteten die Teile, erneuerten den Farbanstrich und arbeiteten alle Messingräder auf. Schott baute dann alles wieder zusammen. "Die Uhr ist sehr servicefreundlich, jedes Zahnrad ist einzeln zugänglich", freut er sich. Und: "Sie wurde komplett in ehrenamtlicher Arbeit wieder hergestellt." Das Prachtexemplar wird nicht mehr lange auf dem Uhrmacher-Grundstück zu bewundern sein. Wenn Schott in diesem Jahr in den Ruhestand geht, kehrt die Uhr vereinbarungsgemäß nach Silberhütte an ihren ursprünglichen Standort zurück.

Doch der Uhrendoktor und seine Sanitäter sehen bereits anderen Aufgaben entgegen. Eine besteht zum Beispiel darin, nach der verschwundenen Uhr vom Turm des ehemaligen Verwaltungsgebäudes der Eisenhütte Mägdesprung zu fahnden. Diese war vor zehn Jahren aufwändig restauriert worden. Doch irgendwann nach dem Verkauf des Verwaltungsgebäudes waren Uhr, Glocke und alles Drum und Dran bei Nacht und Nebel verschwunden. "Eine kulturelle Schandtat", meint Wolfdieter Ludwig vom Freundeskreis.

Dokumentationen über die Mägdesprunger Uhr, die aus Silberhütte und die auf dem Turm der St. Marienkirche in Harzgerode sind übrigens noch bis Mitte März im Wehrgang des Harzgeröder Schlosses zu sehen. Dort wird auch über die Arbeit des Uhrendoktors und seiner Sanitäter berichtet.