Traum im Schnelldurchlauf umgesetzt
QUEDLINBURG/MZ. - "Erst zwei Monate später, im April 1990, erfolgte in Marburg die Gründung der Lebenshilfe DDR."
Mit einer Festveranstaltung im Palais Saalfeldt würdigte die inzwischen zur "Lebenshilfe Harzkreis - Quedlinburg" expandierte Vereinigung für Menschen mit geistiger Behinderung und deren Angehörige die Entwicklung und das ehrenamtliche Engagement der Beteiligten und Partner. "Als wir kurz nach dem Mauerfall bei einem Besuch in Hameln die Möglichkeiten zur Behindertenbetreuung kennen lernten", erinnerte sich die Vorstandsvorsitzende Barbara Richter, "erwachte der Traum, es auch bei uns so machen zu wollen." Noch heute wird die Partnerschaft mit den Hamelnern gepflegt, die sie als "Geburtshelfer" für den Quedlinburger Verein bezeichnete, ihn inzwischen aber fast überholt habe. Mittlerweile sei die Lebenshilfe erwachsen geworden und aus vielen Bereichen gar nicht mehr wegzudenken, verwies Richter auf die große Vielfalt unter dem Motto "Teilhabe erleben". Als Beispiele erwähnte sie den CAP-Markt, die Kaffeerösterei Samocca und die Kindertagesstätte "Sonnenkäfer" in Quedlinburg oder das Papiermuseum sowie die Tierpension in Weddersleben, womit auch die beiden Orte mit den Hauptwirkungsstätten genannt wurden. "Zum Vorfreude-Weihnachtsmarkt auf dem Gelände der ehemaligen Papierfabrik Weddersleben oder durch die Mitwirkung zum Tag des offenen Denkmals und dem Advent in den Höfen in Quedlinburg lernen viele Menschen die Ergebnisse unserer Arbeit kennen."
1996 wurde die neue Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) mit den Produktions- und Arbeitsbereichen Montage, Floristik, Holzverarbeitung, Grünlandpflege, Papierverarbeitung, Druckerei und Handschöpferei in Weddersleben gebaut, dort ist auch die Verwaltung um den aktuellen Geschäftsführer Andreas Löbel angesiedelt. Direkt daneben befindet sich das moderne Wohnheim und das intensiv betreute Wohnen. Im Quedlinburger Gewerbegebiet Groß Orden entstanden ab 2004 Arbeitsbereiche mit Wäscherei, kreativer Arbeitsförderung, Metallverarbeitung und Montage. Seit 2007 hat dort die Tagesförderstätte ihr neues Zuhause.
Immer mehr betreute Senioren wohnen im Zentrum der Stadt. Diese Vielfalt der Möglichkeiten waren auch zur Festveranstaltung zu spüren, als von der Theatergruppe die Geschichte des Papiers dargestellt wurde oder die "Rainmakers" musikalisch überzeugten. Der Film von Eike Helmholz und Ray Behringer "...wenn Ideen Früchte tragen" zeigte im Schnelldurchlauf 20 Jahre Lebenshilfe Quedlinburg, wobei die Grundlagen vor allem durch Ursula Goßlau und Werner Bley schon viel früher gelegt wurden, wie manch bewegende Erinnerung verdeutlichte. Einige der Gründer von damals sind noch heute dabei. Unter anderen fielen die Namen Heidrun Blauhut, Herbert Löbel, Dagmar Kliemt, Rita Sobotta oder Heinrich Meyerding. Gezeigt wurde aber auch, mit welcher Einsatzbereitschaft und der Vielfalt an Begabungen aller Mitarbeiter und engagierten Eltern die Behinderten an ihre Aufgaben gehen und sie bewältigen lernen. "Ohne Unterstützung der Sponsoren und Partner, wie ,Aktion Mensch', Firmen, Sparkasse und Volksbank oder vielen Vereinen, ist diese Arbeit gar nicht möglich", weiß Barbara Richter, "aber es ist keine Fehlinvestition, weil die Entscheidung im Herzen wirkt." Sie wünschte sich für die Zukunft aber einen noch besseren Umgang mit Behinderten in der Gesellschaft.
"Mit Beharrlichkeit und klaren Zielen haben sie ihren Traum von damals in so kurzer Zeit erfolgreich verwirklicht", attestierte Festredner Robert Antretter, der Vorsitzende des Lebenshilfe-Bundesvorstandes, den Quedlinburgern eine tolle Leistung und zeichnete deshalb zwei der wichtigsten Triebfedern des Erfolges, Barbara Richter und Dr. Dietrich Rehbein, mit der goldenen Ehrennadel aus, der höchsten Auszeichnung der Bundesvereinigung.