Nicht "harztypisch" Streit um Ladenöffnung am Sonntag in Quedlinburg: Geschäftsfrau Monika Breitschuh soll 128 Euro Strafe zahlen für 30 Minuten

Quedlinburg - Monika Breitschuh kann es nicht begreifen. Weil sie ihr Geschäft, den Schmuckladen am Mitteldeutschen Eisenbahn- und Spielzeugmuseum in der Blasiistraße, an einem Sonntag geöffnet hatte, verlangt die Stadt Quedlinburg von ihr ein Bußgeld in Höhe von 128,50 Euro.
„Dabei war es nur eine halbe Stunde“, schildert die Inhaberin, von 12.30 Uhr bis 13 Uhr am 19. Mai. Dann sei eine Mitarbeiterin des Ordnungsamts erschienen, hätte Fotos gemacht und verlangt, dass der Laden unverzüglich geschlossen werde.
Breitschuhs Laden erfüllt nach Meinung der Verwaltung nicht die Vorgaben für eine Öffnung am Sonnntag
In einem dicken blauen Ordner hat Monika Breitschuh die Korrespondenz gesammelt, die sie in der Zwischenzeit mit der Stadtverwaltung geführt hat. Anträge, Anhörungen, Belehrungen und Richtigstellungen. Im Kern läuft die ganze Debatte auf eines hinaus:
Monika Breitschuhs Laden erfüllt nach Meinung der Verwaltung nicht die Vorgaben, die für eine Öffnung am Sonntag nötig wären. Öffnen dürfte sie ihn etwa, wenn er eine Apotheke, Tankstelle oder Bäckerei wäre, wenn der Verkauf im öffentlichen Interesse läge, gesondert durch die Gemeinde freigegeben würde oder wenn sie Waren verkaufen würde, die den Charakter des Ortes kennzeichnen.
Stadtsprecherin Bahß: Der überwiegende Teil des Sortiments ist nicht harztypisch
So steht es im Ladenöffnungszeitengesetz des Landes. „Das Amt sieht keine der Vorgaben erfüllt“, sagt Breitschuh verbittert in ihrem Laden, vor Harzbildern, -chroniken und zwischen Suderöder Schmuck. Diese, erklärt Stadtsprecherin Sabine Bahß auf Anfrage, seien von der Mitarbeiterin im Mai zur Kenntnis genommen worden.
„Die Überprüfung hat ergeben, dass das angebotene Sortiment nicht unter dem Warenbegriff Reisebedarf und nur zu einem geringen Teil als Waren, die den Charakter des Ortes kennzeichnen, subsumiert werden kann“, sagt sie.
Da der überwiegende Teil des Schmuckgeschäfts nicht harztypisch sei, dürfe Monika Breitschuh sonntags nicht öffnen. „Die Ordnungswidrigkeit kann in einer Höhe von bis zu 15.000 Euro geahndet werden“, fügt die Pressesprecherin hinzu.
Monika Breitschuh: Öffnung an Wochentagen lohnt sich kaum noch
Monika Breitschuh sieht sich benachteiligt. „Gerade hier im Bereich Blasiistraße und Breite Straße haben die meisten Läden auch sonntags auf“, legt sie dar. „Ist ja klar, dann kommen die meisten Touristen in die Stadt.“ Unter der Woche lohne es sich an manchen Tagen hingegen kaum noch, den Laden zu besetzen.
Monika Breitschuh merkt an, ihr sei das wirtschaftlich nur möglich, weil ihr das Haus gehöre und sie keine Miete zahlen müsse. „Aber die anderen Läden hier in der Gegend haben oft gar keine harztypischen Waren im Sortiment“, stellt Breitschuh klar. Warum das Ordnungsamt an der Stelle nicht einschreite, sei ihr schleierhaft.
Sechs Fälle von rechtswidriger Sonntagsöffnung hat die Stadtverwaltung in den vergangenen vier Jahren in Quedlinburg festgestellt, beziffert Sabine Bahß. Im Wettbewerb des Einzelhandels müsse es Regeln geben, damit alles rechtsstaatlich und fair zugehe.
Stadtverwaltung: 2018 gab es sechs Fälle von rechtswidriger Öffnung an einem Sonntag
„Die Welterbestadt Quedlinburg ist grundsätzlich bestrebt, durch gezielte Maßnahmen im Rahmen der kommunalen Wirtschaftsförderung vorhandene Gewerbe zu erhalten“, führt Bahß aus. Dafür seien unlängst etwa die Autobahn 36 umgewidmet, das schnelle Internet ausgebaut und der Sachsen-Anhalt-Tag in die Stadt geholt worden.
Wie alle Gewerbetreibenden der Stadt wurde auch Monika Breitschuh eingeladen, am Sonntag des Landesfestes zu öffnen. Das habe sie getan. Der 19. Mai ist für Breitschuh allerdings nicht erledigt: „Ich habe die Sache einem Gericht übergeben“, erklärt die Inhaberin. (mz)