"Strafgewalt ist nicht ausreichend" "Strafgewalt ist nicht ausreichend": Amtsgericht Quedlinburg gibt Verfahren ab
Quedlinburg/MZ - Eine Gesamtfreiheitsstrafe von maximal vier Jahren? Für das Verfahren, in dem sich zwei 28 und 24 Jahre alte Männer verantworten sollen, reicht das nach Auffassung des Amtsgerichtes Quedlinburg nicht. Es entschied sich daher am Mittwoch, das Verfahren „wegen unzureichender Strafgewalt“ an die Strafkammer des Landgerichts Magdeburg zu verweisen.
Die Anklage wirft den beiden Männern versuchte räuberische Erpressung, Nötigung in fünf und gefährliche Körperverletzung in vier Fällen vor.
Allerdings bringt der 28-Jährige bereits eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten mit. Er hatte sich gemeinsam mit drei weiteren Angeklagten Anfang des Jahres wegen der Sprengung eines Geldautomaten vor dem Landgericht Magdeburg verantworten müssen. Weil das Urteil inzwischen rechtskräftig ist, muss eine Gesamtstrafe aus dieser Freiheitsstrafe und der in dem neuen Verfahren zu verhängenden Strafe gebildet werden.
Zwei der vier Angeklagten, die sich wegen der Sprengung eines Geldautomaten in Quedlinburg vor dem Landgericht Magdeburg verantworten mussten, hatten Rechtsmittel eingelegt. Das Landgericht hatte sie wegen der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit versuchtem Diebstahl in besonders schwerem Fall zu Freiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Wie Harald Tillmann, Verteidiger eines der beiden Angeklagten, sagte, hat der Bundesgerichtshof die Revision angenommen. Er habe das Urteil geprüft und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Strafe in dieser Höhe berechtigt sei.
Laut Strafprozessordnung kann ein Gericht eine Sache an ein Gericht höherer Ordnung überweisen, wenn es nach Beginn der Hauptverhandlung dessen Zuständigkeit für begründet hält. Laut Gerichtsverfassungsgesetz sind Amtsgerichte unter anderem in Strafsachen zuständig, wenn hier nicht eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe zu erwarten ist. (pek)
In diesem neuen Verfahren wirft die Staatsanwaltschaft dem 28-Jährigen unter anderem vor, mehrfach unter Androhung von Gewalt Geld von einem Mann gefordert zu haben. Gemeinsam mit dem 24-Jährigen soll er den Mann auch verprügelt haben. Zudem seien die Angeklagten mit ihrem Opfer in den Wald gefahren, wo sie den Mann geschlagen und ihn aufgefordert hätten, sich einen steilen Hang hinunterrollen zu lassen.
Der Mann ist in dem Verfahren ebenso Nebenkläger wie eine Frau, die laut Anklage ebenfalls geschlagen wurde.
Bei einer versuchten räuberischen Erpressung handelt es sich um ein Verbrechen, das mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bestraft wird, erklärte Richterin Antje Schlüter. Für den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung sehe das Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Nötigung werde mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet. Da eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden sei, welche die Strafe aus dem Urteil des Landgerichts einbeziehe, erscheine die Strafgewalt des Amtsgerichts „nicht ausreichend“, so Antje Schlüter weiter. „Es dürfte hier eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden sein, die deutlich über vier Jahre Freiheitsstrafe liegt“, erklärte die Richterin. Daher halte sie „die Zuständigkeit des Schöffengerichts für nicht mehr gegeben“. Das Verfahren sei daher an die Strafkammer des Landgerichtes zu verweisen.
Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatten einer solchen Überweisung zugestimmt. Die Verteidiger der beiden Angeklagten äußerten sich nicht dazu.
Jetzt muss die Strafkammer des Landgerichtes Magdeburg darüber entscheiden, ob sie das Verfahren annimmt.