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SPD in Halberstadt SPD in Halberstadt: Brachmann auf Schmusekurs

Von uwe kraus 09.11.2014, 18:53
Schatzmeister Ralf Riediger (von links), Landtagsabgeordneter, SPD-Kreisvorsitzender Ronald Brachmann und Kreistagsfraktionschefin Birgit Voigt im Gespräch.
Schatzmeister Ralf Riediger (von links), Landtagsabgeordneter, SPD-Kreisvorsitzender Ronald Brachmann und Kreistagsfraktionschefin Birgit Voigt im Gespräch. uwe kraus Lizenz

HALBERSTADT - Zweimal brandet beim Bericht des SPD-Kreisvorsitzenden auf dem Kreisparteitag in Halberstadt Beifall auf: Als er sagt, dass er sich dagegen verwehre, dass die CDU auf jede Finanzkürzung den SPD-Stempel drücke, und als er sein klares Bekenntnis gegen eine Landesregierung unter einem Ministerpräsidenten der Linken abgibt. „Mit mir kommt das nicht in Frage“, so Brachmann, der für die Sozialdemokraten im Magdeburger Landtag sitzt und „massive Verschleißerscheinungen der Großen Koalition“ sieht. „Ich stehe für eine linke Regierung unter Katrin Budde.“

Budde, die SPD-Landesvorsitzende, macht in Halberstadt aber auch klar, dass der Wähler entscheide. Über das, was die SPD nach 2016 mache, werde die Partei erst nach der Wahl beschließen. „Ich führe keine Thüringen-Debatte“, sagt sie. Sie rät den Christdemokraten, die Rote-Socken-Kampagne einzumotten und endlich etwas „gegen den Aufarbeitungsstau in der CDU zu tun“. Budde übernimmt den landespolitischen Part und würdigt den Anteil der damaligen SDP an der friedlichen Revolution in der „deutschen, wenig demokratischen Republik“, während Brachmann in seiner Rede die regionale Entwicklung darlegt. Dabei langweilt er „nicht mit endlosen Zahlenkolonnen, die nur ermüden“, sondern zieht eine Bilanz der Arbeit, seit er das Amt 2013 von Michael Schubert übernahm.

Weniger Wundenlecken, sondern eher ein Blick auf die kommenden Wahlzeiten erleben die Delegierten. Dirk Michelmann hätte es als SPD-Landratskandidat mit einem engagierten Wahlkampf bis in die Stichwahl gebracht. Dass der neue Landrat Martin Skiebe, Wunschkandidat seines Vorgängers Michael Ermrich und unterdessen in die CDU eingetreten, seinen Ex-Konkurrenten mit der strategischen Ausrichtung seiner Verwaltung beauftragt habe, spreche für SPD-Mann Michelmann. Brachmann schiebt anerkennende Worte für Skiebe nach. „Er agiert ohne ideologische Scheuklappen und pflegt ein konstruktives Miteinander, um den Harz voranzubringen.“ Das Scheitern von Mario Hennig als Drittplatzierter bei der Bundestagswahl bringe die Harzer SPD nicht vom Ziel ab, ein Mandat in den Harz zu holen.

Auch die Erwartungen bei den Kommunalwahlen hätten sich nicht erfüllt. „Ohne ein Zugpferd wie Ludwig Hoffmann (Ex-Oberbürgermeister von Wernigerode - d. Red.) hätten die Ergebnisse noch schlechter ausgesehen.“ Während es in Wernigerode und Quedlinburg keine Probleme gegeben habe, die SPD-Kandidatenlisten zu füllen, hatten es Ortsvereine wie Osterwieck schwer. Der SPD-Kreischef sieht „Wahlen als Kerngeschäft der politischen Arbeit“.

Einmal vor und zweimal nach den Kreistagswahlen im Harz habe es auf Initiative von Linken-Chef André Lüderitz Absprachen über ein koordiniertes Handeln bei der Besetzung von Ausschüssen gegeben. „Es gab Erwartungen, die wir nicht erfüllen konnten“, so Brachmann. „Aber wir sind auf einem guten Weg, Verstimmungen zu überwinden, um zu einem gemeinsamen Handeln im Kreistag zu kommen.“

In diese Richtung zielen auch Brachmanns Gedanken zu den Oberbürgermeister- und Bürgermeisterwahlen in den wichtigen Städten des Harzkreises - außer Halberstadt, wo Linke-Politiker Andreas Henke bereits die zweite Amtszeit angetreten hat. Aus Wernigerode gebe es Signale, dass der „immer noch parteilose Peter Gaffert“ wieder für die SPD kandidiert. Den Entschluss Eberhard Brechts, nicht mehr für das Quedlinburger Oberbürgermeisteramt anzutreten, akzeptiert Brachmann. Euphorisch spricht er vom „Quedlinburger Modell“. Er sagt: „Wir haben uns mit der Linken und Akteuren jenseits der CDU verabredet, um einen gemeinsamen Kandidaten zu nominieren und uns nicht gegenseitig die Stimmen wegzunehmen.“

Brachmann fügt an: „Es kann künftig sein, dass wir andersherum einen Linken oder einen Kandidaten einer anderen politischen Gruppierung unterstützen.“ Der SPD-Hoffnungsträger für Quedlinburg, Bernd Skudelny, rutscht beim Kreisparteitag auch optisch deutlicher ins Rampenlicht. Er sitzt prominent im Präsidium, wird zum Landesparteitag delegiert und steht auf der Stellvertreterliste des SPD-Landesparteirates.

Kritisch gesteht Brachmann ein, dass die Mitgliederzahl von 415 auf 393 gerutscht sei. Nicht nur, dass Genossen starben, es gab auch Austritte. Er wendet sich an die Delegierten, darüber nachzudenken, „wie sich mehr Menschen von der SPD mitgenommen fühlen“ könnten. Die große Politik schlage durchaus bis ins Lokale durch. „Aber von Erfolgen wie dem Mindestlohn darf bei den Bürgern nicht nur die Botschaft ankommen, dass ein Zirkus schließt und die Taxi-Fahrt teurer wird.“

Hart geht auch SPD-Kreisschatzmeister Ralf Riediger mit seinen Genossen ins Gericht. Dass das Vermögen durch den Wahlkampf auf 3 300 Euro geschrumpft sei, halte er nicht für das Problem. Dass aber Genossen erst nach ernsten Gesprächen bereit waren, „ihrem Einkommen entsprechende Beiträge zu zahlen“, schon. Noch weit schlimmer sei, dass SPD-Abgeordnete im Kreistag von 2007 bis 2014 nicht zu überzeugen waren, ihre Mandatsträgerbeiträge an die Partei zu überweisen. Riediger:„Die 4 500 Euro hätten uns in den Wahlkämpfen gut geholfen.“ (MZ)