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Schritt ins Berufsleben wird leichter

Von Frank Ruprecht 22.03.2007, 15:06

Quedlinburg/MZ. - Denn vor zehn Jahren wurde sie vom Bildungswerk für das Hotel- und Gaststättenwesen Ostharz gGmbH (BZG) als Träger der Ersatzschule ins Leben gerufen. Und untersteht auch dem Landeskultusministerium. Das BZG stellt lediglich den notwendigen Rahmen zur Verfügung - gut ausgerüstete Lehrküchen und Restaurants, die auch öffentlich genutzt werden, sowie Ausbilder und Lehrkräfte zur Verfügung.

Angefangen hatte es eigentlich mit der Gründung des BZG als gemeinnützigen Verein vor 17 Jahren. Zwei "gleichgesinnte" Vereine beschlossen damals, sich zusammen zu tun, und sich der Förderung und Ausbildung im Hotel- und Gaststättenbereich intensiver zu widmen. "Wir haben mit einem bescheidenen Personalbestand und kleinen Räumen in der Heiligegeiststraße begonnen", erzählte Jochen Kollwitz, der aber erst seit 1999 Geschäftsführer ist. Doch schon nach fünf Jahren war mit der Zunahme der Aufgaben ein Gebäudeneubau notwendig. Platz wurde auf dem einstigen Mertikgelände in der Bergstraße 1a gefunden.

Angeboten werden überwiegend überbetriebliche Ausbildungen für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf oder Weiterbildungen und Umschulungen für Erwachsene. Der entsprechende Personenkreis wird daher von der Agentur für Arbeit und der Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (Arge) vermittelt, die auch die entsprechenden finanziellen Mittel bereitstellen. "Wir betrachten uns als Serviceeinrichtungen der Unternehmen aus den Hotel- und Gaststättenbereich und arbeiten mit einer Vielzahl von Praktikumsbetrieben zusammen", umreißt Kollwitz den BZG-Gedanken.

Kaum Wünsche offen

Das Bildungszentrum ist mittlerweile so ausgestattet, das es kaum noch Wünsche offen lässt. Eigentlich fehlt in diesem Haus nur noch der Gast, wie bei einem "normalen" Restaurant. Deshalb können im BZG auch viele Veranstaltungen durchgeführt werden. Zum Beispiel der schon zur Tradition gewordene Boujolais-Abend mit einer französischen Delegation aus Quedlinburgs Partnerstadt Aulnoye Aymeries. Aus dieser Beziehung heraus, besteht auch reger Kontakt zu einer gastronomischen Fachschule in Aulnoye Aymeries, mit der ein Partnerschafts- und Austauschprogramm für Praktika vereinbart worden ist. Sind die besten Berufsfachschüler des BZG für drei Wochen in Frankreich oder Franzosen in Quedlinburg zum Praktikum, kommen sie nicht nur mit Wissen oder Erfahrung zurück in ihre Heimat. In der Tasche haben sie etwas Besonderes - einen Europass als Abschlussdokument, in dem die Praktika und Ausbildungsbereiche eingetragen sind. Der kann nach Belieben auch jederzeit erweitern werden. "Der Pass kommt bei Unternehmen an, wenn sich die Leute dort bewerben", weiß Kollwitz.

Für die Unternehmen eine Art Zertifikat als Beweis für gute Leistungen. Aber auch zu einer polnischen Fachschule werden Kontakte über ein gleich gelagertes EU-Projekt gepflegt. Vor zwei Jahren gab es hier einen deutsch-polnischen Austausch. "Es ist so etwas wie über den Tellerrand hinwegschauen", beschreibt Kollwitz den internationalen Charakter des Bildungszentrums. Und viele Jugendliche waren seines Wissens nach auch nicht im Ausland, weil sie es sich nicht selber leisten können oder ihre Eltern einst auch nicht die finanziellen Möglichkeiten hatten. Kollwitz sieht diesen Austausch auch irgendwie als Schule für's Leben. Denn im Ausland lernen die Jugendlichen mehr Selbständigkeit, den Umgang mit anderen Kulturen, Ländern und Sitten - also auch letztendlich für mehr Toleranz. "Neben der fachlichen Schiene ein Aspekt, der nicht zu unterschätzen ist", meint Kollwitz.

Führend im Land

Mittlerweile gehört das BZG zu den führenden Bildungsträgern in diesem Bereich in Sachsen-Anhalt, und wurde auch zertifiziert. Jedes Jahr wird diese Zertifizierung von Fachleuten überprüft. Deshalb versucht das BZG die hohe Qualität der Ausbildung zu halten. "Wir wollen keinesfalls den Qualitätsstandard abbauen, so wie es andere Bildungsträger machen", weist Kollwitz auf die Zukunft des Hauses hin. Schließlich steigen im Hotel- und Gaststättengewerbe die Anforderungen auch kontinuierlich, dem man entsprechend Rechnung tragen will.

Als vor zehn Jahren die "Erfolgsgeschichte" der Berufsfachschule begonnen hatte, steckte sie mit einer Klasse mit sieben Teilnehmern praktisch in den Kinderschuhen. Heute hat sich die staatlich anerkannte Ersatzschule auf sechs Klassen mit 150 Schülern "hochgearbeitet" und auch wegen der großen Nachfrage aus der Region eine ebensolche in Magdeburg aufgebaut. In den zehn Jahren schlossen insgesamt 633 Schüler ihre Ausbildung abschließen und fit gemacht werden für die Gastronomie. Und über 80 Prozent der Absolventen haben danach eine Ausbildung in einem der gastronomischen Berufe aufgenommen. In beiden Einrichtungen werden für ein Jahr vorwiegend solche Jugendlichen auf eine künftiges Berufsleben vorbereiten, die noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben und auch nicht in die "Ferne" ziehen wollen. Neben einer gezielten Berufsvorbereitung, soll das Jahr den Jugendlichen auch dazu dienen, sich besser zu orientieren und am Ende die richtige Wahl für einen Beruf in der Gastronomie treffen zu können. "Sie haben somit ein Jahr die Möglichkeit, überall rein zu schnuppern", legt Kollwitz die Vorzüge dar.

Für Unternehmen als künftige Arbeitgeber ist diese Berufsvorbereitung von immenser Bedeutung, weil dem Schüler bereits Grundfertigkeiten und Grundkenntnisse bekannt sind. Den Unternehmen fällt es dann auch leichter, sich für einen "Neuen" zu entscheiden. Und es steht ihnen frei, dieses Jahr an der Berufsfachschule als erstes Lehrjahr anzurechnen. Dass die Chancen einer Vermittlung in die freie Wirtschaft für die Jugendlichen nach dem einen Jahr größer sind, zeigen die aktuellen Zahlen.

Seit Jahresanfang konnten bereits 45 von 150 Absolventen aus Quedlinburg vermittelt werden, aus der Magdeburger Fachschule 18 von 75 Jugendlichen. Ein weiterer beleg für die gute Ausbildung ist auch, dass die Absolventen zu den Preisträgern von regionalen Berufswettbewerben zählen. So konnten jüngst im Januar dieses Jahres bei den Harzmeisterschaften jeweils ein 2. Platz bei den Restaurantfachleuten und bei den Köchen erreicht werden.