Schöne alpine Sturschädelei
Thale/MZ. - Ein Glücksgriff! Wenig Alphorn, nicht hoffnungslos verkitscht, kein falscher Pathos, sondern bestes Familientheater, das sich auch körperlich ganz nah am Publikum bewegt, bietet Klatt mit einem sechsköpfigen Schauspielensemble.
Der Wiener Autor Thomas Birkmeir hat den "Mythos" Heidi aufgegriffen und das Stück mit elf Darstellern besetzt, so dass in Thale Dreifach-Besetzungen nötig waren, ohne der berühmtesten Schweizerin "Heidi" jedoch ernsthaft zu schaden. Das Inszenierungsteam setzte sogar mit einer höchst erfrischenden, zum Mitsingen animierenden Musik von Daniel Linton-France zur Freude des Publikums einen drauf. Johanna Spyris Geschichte von 1880 verlor dabei nichts an Faszination, scheint sogar sozial schärfer gezeichnet. Die Fremden- und Behindertenfeindlichkeit der Dorfbevölkerung artikuliert der Großbauer (Frank Roder). Die Sprache ist heutiger, verzichtet auf heimattümelnden Dialekt, und Erwachsene finden so manche Anspielung und nicken wissend, wenn Fräulein Rottenmeier (Margit Hallmann) in der Schule "Pisa" sagt oder "Vom Fuß bis zur Frisur Kultur" verlangt.
Das Ensemble bietet beste Theaterkost, auch wenn auf der Alm der Käse aus der Alu-Folie gewickelt wird. Katrin Künstler gibt eine erfrischend selbstbewusste und clevere Heidi, die nicht vor Gutmenschentum überschwappt, sondern ein zerrissenes Kind zwischen Berg- und Stadt-Welten ist. Sie gewinnt das Herz des grantelnden Großvaters, des von der Gemeinschaft geschnittenen Alm-Öhi. Dabei fehlt es nicht an unter die Haut gehenden Momenten. Das verdankt das Stück auch einem Mathias Kusche als sich wandelndem Großvater, unter dessen Obhut Naturkind Heidi in den Schweizer Bergen frei und ungebunden aufwächst. Mit ihrem Bergkameraden Geißenpeter, der singende Jens Tramsen, genießt sie die Natur und entsagt per Blutsschwur der Schule. In die Idylle brechen die Dörfler und entführen Heidi in die ihr fremde Welt großbürgerlicher Häuslichkeit. Dort will sie die an den Rollstuhl gefesselte Klara als Freundin gewinnen. Lisa Ottersberg lässt die Figur der Klara förmlich aufblühen und mit der sich nach der Bergwelt verzehrenden Heidi gegen die strenge Gouvernante rebellieren. So freut sich das Publikum über tolle Berg-Echos, die prima alpine Ausstattung von Alrune Serra und natürlich darüber, dass alles ein hoffnungsvolles Ende nimmt.
"Heidi" wieder am 5. Juni um 11 Uhr im Bergtheater