1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Sanierungsbedürftiges Haus in Quedlinburg: Sanierungsbedürftiges Haus in Quedlinburg: Einst eine ruinöse Ecke

Sanierungsbedürftiges Haus in Quedlinburg Sanierungsbedürftiges Haus in Quedlinburg: Einst eine ruinöse Ecke

Von uwe kraus 21.12.2015, 17:42
Einer der damals scheinbar hoffnungslosen Sanierungsfälle in Quedlinburg war das Haus 11/12 in der Breiten Straße unweit des Marktplatzes, das als Einzeldenkmal geschützt ist. Das Bild zeigt den Zustand nach der Sanierung.
Einer der damals scheinbar hoffnungslosen Sanierungsfälle in Quedlinburg war das Haus 11/12 in der Breiten Straße unweit des Marktplatzes, das als Einzeldenkmal geschützt ist. Das Bild zeigt den Zustand nach der Sanierung. Chris Wohlfeld Lizenz

quedlinburg - „In der Preisklasse ist es schwer, als Architekt aus Sachsen-Anhalt vorne mitzuspielen“, werfen die beiden Architekten Rudolph Koehler und Ulrich Queck von der qbatur Planungsgenossenschaft einen realistischen Blick auf einen der bedeutendsten Architekturwettbewerbe im deutschsprachigen Raum. Zum Thema „Umbau statt Neubau“ hat die Wettbewerbs-Jury Wohnhäuser für den „Häuser-Award 2015“ nominiert. Dass sie mit ihrem Projekt „Neues Wohnen im Unesco-Welterbe“ nun unter den 20 Auserwählten sind, freut sie natürlich besonders. Einer dieser scheinbar hoffnungslosen Sanierungsfälle in Quedlinburg war das Haus 11/12 in der Breiten Straße unweit des Marktplatzes, das als Einzeldenkmal geschützt ist. „Der schmale dreigeschossige Fachwerkbau, dessen Ursprünge auf das Jahr 1330 zurückgehen, war kaum mehr als eine abbruchreife Ruine.

Spannendes Spiel von Alt- und Neubau

Auf seiner Linken klaffte zudem eine hässliche Lücke: Das angrenzende Eckgebäude, das den Abschluss der Häuserzeile gebildet hatte, war bereits in den 1960er Jahren abgerissen worden“, erinnert sich Architekt Rudolph Koehler. „Doch wir wollten uns auf dieses spannende Spiel von Alt- und Neubau einlassen“, erinnert sich der Mitgenossenschaftler von qbatur Ulrich Queck, der sich des Baus annahm. „Wir haben da über Jahre Projektentwicklung betrieben“, erzählt Rudolph Koehler. „Es galt, eine ruinöse Ecke von Quedlinburg zu beseitigen, nicht allein, sondern mit den privaten Bauherren.“ Über sieben Jahre erstreckte sich das.

So eine Denkmalsanierung habe schon einen besonderen Charme. So erschloss man sich das Volumen des Hauses, schuf einen Ergänzungsneubau. Und überzeugte so die hochkarätige Jury des Wettbewerbs. Heute präsentiert sich der restaurierte Fachwerkbau zur Straße hin wieder mit einer barocken Fassadenfassung sowie sich nach außen öffnenden Kastenfenstern, die historischen Vorbildern nachempfunden sind.

Für die Dachdeckung wurden regionaltypische Ziegel, sogenannte Linkskremper, aus Altbeständen wiederverwendet. Spuren der Vergangenheit finden sich auch im Inneren: Die Türen stammen aus dem Quedlinburger Depot historischer Baustoffe, in dem Wiederverwendbares aus Abrisshäusern aufbewahrt wird. Fenster- und Türen sind wie beim Fachwerkhaus aus geöltem Eichenholz. „Häuser sollen sich in die Sehgewohnheiten der Altstadt einfügen,“ findet Rudolph Koehler. Er stellt aber klar: „Wir wollen hier nicht das 17. Jahrhundert einfrieren.“ Ja, es sei etwas Neues entstanden, jedoch immer wieder orientiert an den Altstadthäusern. Fast unmerklich gehen die Gebäudeteile in der Breiten Straße ineinander über. Geschlämmter Backstein und eine Gliederung durch Sandsteine knüpfen an die Balkenlagen des Altbaus an, erläutert Ulrich Queck. Zum Verständnis von qbatur, dem Architektenbüro, das sich nach 15 Jahren nun in eine Planungsgenossenschaft gewandelt hat, um alle Mitarbeiter partizipieren zu lassen, meint er: „Wir sind eher die Praktiker als die Designer.“

Moderne Lösung bevorzugt

Die Bauherren hätten sich für moderne Lösungen entschieden. Als Architekten verstehen sich Koehler und Queck als „Weiterbauer am Denkmal“. Wolle man Fehlstellen und Lücken beseitigen, sollten „Materialität“ und die historischen Maße eingehalten werden. „Wir sind keine Freunde von Großprojekten, sondern plädieren für die Nutzung historischer Zuschnitte durch innovative Ideen.“ Während im Altbau von den Architekten der kleinteilige Grundriss weitgehend beibehalten wurde, überrascht der Neubau mit einem großzügigen Wohnraum mit Galerie. Durchlaufende Glasfronten öffnen ihn auf eine Terrasse, die das Flachdach des neuen Carports zum Sonnendeck macht. „Weniger exponiert sitzt man im liebevoll angelegten Hofgarten, der das Haus um ein zusätzliches Zimmer im Freien erweitert“, heißt es in der Beschreibung des Wettbewerbsgebäudes.

Auf das Gebäude in der Breiten Straße bezogen bedeute Innovation im Altbau aber auch, dass sich die Eigentümer über günstige Betriebskosten freuen können, da die Wärmeerzeugung energetisch vorteilhaft über eine Sole-Wärmepumpe erfolgt. Mehrschaliges Ziegelmauerwerk im Neubau sowie Fachwerk mit Innendämmung im Altbau sorgen in Verbindung mit einer Wandheizung sowie Lehmputz für ein ausgeglichenes, angenehmes Raumklima.

Alle 20 Finalisten mit Fotos und Informationen enthält das Begleitbuch von Autorin Bettina Hintze „Häuser mit Charakter - Umbauen, erweitern, aufstocken“, 168 Seiten, 300 Farbabbildungen, 105 Pläne. Preis: 49,99 Euro ISBN: 978-3-421-03980-4 (mz)

Das Haus 11/12 in der Breiten Straße vor der Sanierung.
Das Haus 11/12 in der Breiten Straße vor der Sanierung.
Chris Wohlfeld Lizenz
Nachher: Ulrich Queck (re.) und Bauherr Norbert Buschmeier auf der Hofseite.
Nachher: Ulrich Queck (re.) und Bauherr Norbert Buschmeier auf der Hofseite.
Privat Lizenz
Vorher: Eine absolute Ruine.
Vorher: Eine absolute Ruine.
Privat Lizenz