Dach-Reparatur für 10.000 Euro Rumäne wegen Betrug bei Dachdecker-Arbeiten Amtsgericht Quedlinburg: Sechs Monate Haft auf Bewährung

Quedlinburg - Es ist ein vermeintlich günstiges Angebot, das der angebliche Ungar dem Rentnerehepaar in einem Dorf im Altkreis Quedlinburg im April vergangenen Jahres unterbreitet: Für 600 Euro würden er und seine Kollegen die kaputte Plastedachrinne am Wohnhaus erneuern; der Rentner handelt den Preis noch auf 500 Euro herunter.
Man kommt überein, dass die vier „Handwerker“ doch auch gleich noch das Dach des Stalls - das alte ist aus Asbest - neu decken könnten. Schnell wird losgelegt; und als die Männer mit ihrer Arbeit fertig sind, verlangt deren Anführer plötzlich 10.000 Euro.
Einer der vier betrügerischen Handwerker wurde jetzt am Amtsgericht Quedlinburg angeklagt
Dass das Ehepaar ihm 2.500 Euro gibt, genügt den vier Männern nicht: Der Anführer fordert die Frau auf, mit einem der Handwerker zur Bank zu fahren, um weitere 2.500 Euro abzuheben, und zieht ein Messer hervor. So schildert es die Anklage; jetzt musste sich einer der vier Männer vor dem Amtsgericht Quedlinburg verantworten.
Der 32-jährige Rumäne gab zu, an jenem Tag mit drei anderen Männern unterwegs gewesen zu sein. Er habe nur einen der Männer gekannt, sei auch nur an diesem einen Tag mitgefahren, um sich ein bisschen Geld zu verdienen.
Auch dass 10.000 Euro verlangt worden seien, bestätigte er, aber: „Alles war eher ein Scherz, keine Verpflichtung.“ Das Ehepaar hätte gemeint, nur 5 000 Euro zahlen zu können. 2.500 Euro hatte es in bar zu Hause; wegen der Restsumme sei er mit der Frau im Transporter der Männer zur Bank gefahren. Von einem Messer wisse er nichts; die Frau habe während der Fahrt auch nichts von einem Messer gesagt.
„Alles war eher ein Scherz, keine Verpflichtung“, sagt der Angeklagte vor Gericht zu den verlangten Geldsummen
Die Rentnerin, die in ihrer Aussage bei der Polizei von einem Messer gesprochen hatte, war sich vor Gericht nicht mehr sicher. Sie schilderte, dass ihr Mann zunächst mit den Männern gesprochen und ihr berichtet hätte, dass diese Dachrinne und Stalldach für 500 Euro erneuern würden, sie noch Schnitten für die Arbeiter geschmiert hätte, die Stimmung auf der Baustelle gut gewesen sei. Bis der Chef der Gruppe dann plötzlich 10.000 Euro verlangt hätte.
Ob sie bei einem Preis von 500 Euro nicht stutzig geworden und ihr nicht klar gewesen sei, was es koste, ein Dach decken zu lassen, fragte Richterin Antje Schlüter. „Dach und Dachrinne - das kam mir schon komisch vor. Aber ich habe nur an meinen Mann gedacht, dass er körperlich nicht mehr so kann“, sagte die Rentnerin.
Und auch nach der höheren Geldforderung habe sie nur an ihren Mann gedacht, der sich sehr aufgeregt habe und dem es „immer schlechter gegangen“ sei.
Der Anführer der Männer habe etwas metallisch glänzendes aus der Hosentasche gezogen
Der Anführer der Männer, sagte sie, habe bei der Forderung, weiteres Geld zu holen, „etwas Glänzendes, etwas Metallisches“ aus der Hosentasche gezogen. Aus Sorge um ihren Mann habe sie auch den Gedanken verworfen, in der Bank jemanden um Hilfe zu bitten, die Polizei zu informieren.
„Ich kannte die Männer ja nicht. Ich wusste nicht, wozu sie fähig sind.“ Zur Polizei ging das Ehepaar dann Tage später: Wind hatte dazu geführt, dass das vermeintlich neue Dach sich hochhob. „Das hätten die Nachbarn auf den Kopf kriegen können.“ Wie sich zeigte, war das Asbestdach einfach mit anderen Platten überdeckt worden.
Asbestdach wurde einfach mit Platten überdeckt - aus Sicht der Staatsanwaltschaft ein Betrug
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war damit der Betrug bewiesen: Vorgetäuscht worden sei, dass fachgerechte Dacharbeiten gemacht würden; „man ist aber in Wirklichkeit weit davon entfernt“.
Und es sei mehr Geld als zunächst besprochen verlangt worden, wobei von vornherein klar gewesen sei, dass die Arbeiten nicht fachgerecht ausgeführt werden könnten und sollten. Dabei habe der Anklagte, der zum Zeitpunkt der Tat unter Bewährung stand, mitgemacht.
„Die Geschädigten haben feststellen müssen: Wir sind reingelegt worden. Fünf Mille sind weg. Das Schnäppchen entwickelt sich zum Horror“, fasste der Verteidiger des Angeklagten zusammen. Er verwies darauf, dass eine Gruppe um den Anführer im Bundesgebiet mehrfach mit immer der gleichen Masche aufgetreten sei:
Eine Dachrinnenreparatur - beim Beauftragen einer Firma mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden - werde zu einem kleineren pauschalen Preis angeboten, bis man feststelle, dass hier deutlich mehr Geld zu machen sei. Der Angeklagte sei nur an jenem Tag im April vergangenen Jahres dabei gewesen; er sei inzwischen selbstständig tätig.
Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Angeklagte und sein Verteidiger erklärten, dass sie das Urteil annehmen. (mz)