Rotmilan-Zentrum in Halberstadt Rotmilan-Zentrum in Halberstadt: Das heimliche Wappentier

Halberstadt - „Die Hälfte der Weltpopulation des Rotmilans befindet sich in Deutschland“, berichtet Martin Kluschke (27). Aus diesem Grund werde die Greifvogelart auch als „heimliches Wappentier“ Deutschlands bezeichnet. In Sachsen-Anhalt leben zehn Prozent des deutschen Bestandes, die meisten im Harzvorland. Auf 100 Quadratkilometern sind 25 Brutpaare zu finden, im Landesdurchschnitt 11. Während der Rotmilan auf Europa beschränkt ist, ist sein naher Verwandter, der Schwarzmilan, deutlich weiter verbreitet und gilt als die häufigste Greifvogelart der Welt.
War früher der Hakel das Rotmilan-Domizil an sich, so gibt heute dort nur noch 4 Brutpaare von 136 in den 1970er Jahren. „Die Horste des Rotmilan sind heute zum Beispiel in Pappelalleen zu finden“, erklärt der Biologe Kluschke und weist auf die Zahlen, die zeigen, in welchem Maße diese Greifvögel gefährdet sind. Seit März ist er im neu gegründeten Rotmilan-Zentrum angestellt, getragen vom Förderkreises für Vogelkunde und Naturschutz am Museum Heineanum in Halberstadt. Das vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt vorerst für ein Jahr geförderte Zentrum will sich verstärkt um den Schutz der Rotmilane kümmern.
Vieles nicht bekannt
Dazu gehört auch, das Leben und Verhalten der Vögel zu erforschen. „Noch ist vieles zu wenig bekannt, zum Beispiel welche Wege die Rotmilane bei der Nahrungssuche zurücklegen und welchen Lebensraum sie bevorzugen“, erklärt der Fachmann. Deshalb ist geplant, sechs Rotmilane im Raum Halberstadt mit Sendern auf dem Rücken auszustatten. Da ein solches Gerät um die 1.000 Euro kostet, sind mehr nicht möglich. Ein Probegerät hat Martin Kluschke bereits, um sich mit der Technik vertraut zu machen. In wenigen Tagen soll die Aktion starten. Ein Sender hat eine Lebensdauer von fünf bis sechs Jahren.
Zu den Aufgaben des Diplom-Biologen gehört zudem, Landwirte zu beraten, um eine rotmilan-freundliche Bewirtschaftung der Felder zu erreichen. Ein Grund für den Rückgang der Population ist die intensivierte Landwirtschaft. Große Getreideschläge und schrumpfende Feldränder erschweren den Vögeln die Nahrungssuche. Rotmilane schweben über den Feldern und halten aus luftiger Höhe nach Beute Ausschau. Dazu gehören Hamster und Mäuse. Auch Aas wird nicht verschmäht. Doch im dichten Weizenschlag sind die Beutetiere kaum oder nur schwer auszumachen. So kommt es immer wieder vor, dass die Nahrung nicht ausreicht und Jungtiere im Nest verhungern.
Tod durch Rotoren
Doch auch Windkraftanlagen stellen eine Gefahr für die Greifvögel dar. „Das wird zwar von den Betreibern bestritten, doch seriöse Untersuchungen in Brandenburg zeigen ein anderes Bild. Es sind nicht wenige Tiere, die durch Rotoren zu Tode kommen“, erklärt Martin Kluschke. Doch auch andere Tiere machen den Rotmilanen das Leben schwer. Waschbären stehlen die Eier, und Nilgänse nehmen Nester der Greifvögel ein und vertreiben sie.
Für ein Jahr befristet
Für die Öffentlichkeitsarbeit gibt es im Haus des Schraubemuseums in der Voigtei 48 in Halberstadt eine Sonderausstellung zum Rotmilan. Der Zentrumsleiter bietet dort Führungen an. Die Ausstellung gibt einen Überblick - unter anderem zum Lebensraum, zur Verbreitung und zu Gefährdungen der Greifvögel. Da im Heineanum am Domplatz nicht genügend Platz ist, wurde die Milanschau in die Altstadt von Halberstadt verlegt. Das Büro des Rotmilan-Zentrums befindet sich aber im Heineanum. „Noch ist das Zentrum nur für ein Jahr befristet. Wir hoffen aber, dass es weitergeht und das Ministerium uns weiter fördert“, sieht Martin Kluschke angesichts des Rückgangs der Rotmilan-Population als eine Notwendigkeit an. Die Sonderausstellung zum Rotmilan in der Scheune des Schraubemuseums in der Voigtei 48 in Halberstadt ist Dienstag bis Sonntag von 13 bis 17 Uhr geöffnet. (mz)


