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Rallye-Fieber in der Familie Rallye-Fieber in der Familie: Vater und Sohn geben Gas

Von Kjell Sonnemann 18.09.2018, 05:56
Erik Wehle zeigt den wichtigen Schutzhelm, während es sich sein Vater Richard Wehle auf dem Platz des Co-Piloten gemütlich gemacht hat.
Erik Wehle zeigt den wichtigen Schutzhelm, während es sich sein Vater Richard Wehle auf dem Platz des Co-Piloten gemütlich gemacht hat. Kjell Sonnemann

Quedlinburg - Und plötzlich hingen die Räder in der Luft: Erik Wehle war mit der rechten Hälfte seines Wartburg 353 WR etwas in den zugewucherten Graben gerutscht, und der Rallye-Wagen lag auf seinem Unterboden auf.

„Mit Frontantrieb kann man da nichts machen.“ Das bedeutete das Aus für den 40-Jährigen bei der diesjährigen Rallye in Bad Schmiedeberg (Landkreis Wittenberg).

Er startete bei der Gleichmäßigkeitsprüfung, bei der die Teilnehmer versuchen, eine vorgegebene Geschwindigkeit zu halten.

„Es sind meist um die 50 Stundenkilometer“, erklärt sein Vater Richard Wehle (68), der manchmal als Co-Pilot mitfährt. Das sei schwierig - vor allem auf Schotterpisten.

„Und die Zuschauer stehen noch vom vorherigen Zeitrennen an den Strecken. Sie wollen den Wartburg hören und sehen.“ Also fahre man dort etwas flotter. Aber in der Summe müssen die Starter die Strecke auf die Sekunde genau absolvieren.

Rallye-Fieber in der Familie: Eine Minute Zeit bis zur Ziellinie

Wer vor dem letzten Stück schneller als die Durchschnittsgeschwindigkeit ist, kann vor dem „gelben Schild“ warten. Ab dieser Stelle haben die Rallye-Fahrer exakt eine Minute Zeit, um über die Ziellinie zu kommen. Und eben an dieser Stelle geschah Erik Wehles kleiner Unfall.

„Man stellt sich an den Rand, um andere durchzulassen und auch Platz für den Rettungswagen zu lassen“, erklärt der Fahrer des Renn-Wartburgs von 1986. Und dabei schlitterte er in den zugewucherten Graben.

In dem Moment rutschte ihm zwar ein Schimpfwort heraus, trotzdem nimmt er das Aus gelassen. Denn Teilnehmern an dieser Art von Oldtimer-Rallyes geht es tatsächlich nur um’s Dabeisein.

Rallye-Fieber in der Familie: Nicht alle Ersatzteile dabei

„Nur etwa jede zweite Rallye kann man vernünftig zu Ende bringen“, sagt der Quedlinburger Richard Wehle. Zu oft müsse etwas repariert werden.

Vater und Sohn können nicht alle Ersatzteilen dabei haben: Kürzlich war gar die Frontscheibe beim Transport des Rennwagens gesplittert. Der Sohn eines Wartburg-Fachmanns brachte Ersatz.

Dafür besorgten Wehles ihm eine öl-dichte Unterlage, die bei Präsentationen der Oldtimer ausgelegt werden müssen. „Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft, auch wenn wir beim Wettbewerb Gegner sind“, berichtet Richard Wehle.

Rallye-Fieber in der Familie: Senior ist früher Rennen gefahren

Der 68-Jährige hatte früher an Rennen teilgenommen. Drei Bezirksmeistertitel sicherte er sich. Aktiv war er in den 1970er und 80er Jahren. Zudem nahm er mit seinem damaligen Fahrer einmal an der DDR-Rallye teil.

„Aber privat ohne Spendengelder hatte man kaum eine Chance.“ Die Kontrahenten hatten etwa innenbelüftete Scheibenbremsen. „Wir hatten noch Trommelbremsen. Die Berge kamen wir herunter, aber gebremst haben die nicht!“

Rallye-Fieber in der Familie: Beruf ging vor Hobby

Aus beruflichen Gründen beendete das Duo seine Rennfahrerkarriere. Und Richard Wehle und seine Frau waren froh, irgendwann die ganzen Ersatzteile losgeworden zu sein. Das Hobby schien abgehakt zu sein.

Und dann kaufte Sohn Erik vor acht Jahren seinen Renn-Wartburg.

„Ich wurde in der Kindheit mit dem Renn-Virus infiziert. Ich habe meinen Vater immer nur bei den Vorbereitungen gesehen, aber zu den Rennen durfte nur mein älterer Bruder mit.“

Rallye-Fieber in der Familie: Erst nur herumgefriemelt

Zunächst hatte er „ein bisschen daran herumgefriemelt“, wie sein Vater sagt. Aber dann hieß es: ganz oder gar nicht. Und so unterstützt der Senior, er war Ingenieur, mit seinem ganzen technischen Wissen.

2015 starteten sie zum ersten Mal, und im Winter wurde der Motor verbessert: zu einem leistungsgesteigerten 1000-Kubikzentimeter-Motor.

Nach der Saison 2016 kam das Fahrzeug in eine Spezialwerkstatt, die jedoch einige Fehler machte. Ein herausgefallener Scheinwerfer während einer Rallye war das kleinste Übel.

Rallye-Fieber in der Familie: Das eigene Design

Zwischendurch bekam Wehles Schmuckstück sein eigenes Design, angelehnt an Wolfgang Grubes Renn-Wartburg von 1983 mit Werbung des Glühlampenwerks Narva - und den auffälligen Lichtpunkten.

Ein Poster hatte im Haus der Familie gehangen, Erik Wehle hat es noch vor Augen.

In diesem Jahr will der zweitbeste „Newcomer“ des Jahres 2016 noch bei der Havelland-Rallye starten. Das Vater-und-Sohn-Duo ist auf der Suche nach Sponsoren und einem Co-Piloten für den Wartburg, der nun einen Wert von 38 000 Euro hat. (mz)

Wehles Renn-Wartburg wirbelt viel Staub auf.
Wehles Renn-Wartburg wirbelt viel Staub auf.
Reik Wolff