Quedlinburg Quedlinburg: Inhaber sucht dringend Nachfolger
QUEDLINBURG/MZ. - Die Region könnte im Bereich Saatzucht bald ein Stück ärmer werden. Der letzte in Quedlinburg produzierende Samenzuchtbetrieb sucht angesichts des Alters seines Inhabers dringend eine Nachfolge. In dem Familienunternehmen werden gegenwärtig rund 600 verschiedene Saatgutsorten für Blumen, Gemüse und Gewürzkräuter produziert. "Die Palette reicht von Buntbeuteltüten für den Hobbygärtner bis zu Gewichtspackungen jeder Art und Sorte für den Erwerbsgartenbau", berichtet Inhaber Gerhard Schmidt.
Bis 1945 gab es am Traditionsstandort Quedlinburg 155 Saatzucht- sowie Pflanzenbaubetriebe. Der Betrieb P. J. Schmidt wurde 1926 vom Vater gegründet und 1978 unter schwierigsten Bedingungen von dem Sohn und gelernten Gärtner übernommen. Alle Versuche der DDR-Behörden den Betrieb zu verstaatlichen, konnten abgewehrt werden. Die Ackerflächen wurden jedoch "flurbereinigt" und dabei stark reduziert, neue Technik gab es für den Betrieb gar nicht. "Es musste vieles unter Schwierigkeiten selbst entwickelt werden", erinnert sich Schmidt.
Die Nachfrage nach den Produkten war trotzdem sehr groß und nur über einen Verteiler-Schlüssel zu regulieren. Mit der von der DDR in Quedlinburg eingerichteten "Vereinigung Volkseigener Betriebe" (VVB) gab es weder eine Zusammenarbeit noch Unterstützung, "im Gegenteil". Gerhard Schmidt tüftelte schon immer gern an neuen technischen Lösungen für Aussaat und Ernte des Saatgutes, deren Aufbereitung sowie Verpackung, was bei vielen Dingen auch gelang. Immerhin 33 Mitarbeiter gab es bis zur politischen Wende. Danach kämpfte man schließlich zu dritt ums Überleben.
Heute sind es wieder acht Beschäftigte. Viel wurde inzwischen in moderne Technik investiert, doch die Konkurrenz ließ im Ausland produzieren, hatte Eigenkapital und nutzte vorwiegend den werbewirksamen Namen Quedlinburg. "Als zu DDR-Zeiten vorhandener Betrieb waren wir nicht förderfähig", bedauert Schmidt. Um sich am Markt zu behaupten, wurde es nicht einfacher. Die Kreditbelastung ist das größte Problem. "Heute schauen alle nur auf den Preis", so Schmidt. Qualität fängt jedoch beim Saatgut an. In der Region gebe es auch neue Lieferanten, aber die verpacken hier nur, weiß der Experte. Das Familienunternehmen verfügt über moderne Aufbereitungsanlagen und versucht, den Einsatz von Herbiziden so gering zu halten. "Mit dieser Methode sichern wir hohe Qualität", betont Schmidt.
Auf schätzungsweise 80 Hektar werden unter Beachtung der Fruchtfolge Gemüse-, Blumen- sowie Staudensaatgut angebaut. Die Tomatensorte "Harzfeuer" hat es dem Spezialisten besonders angetan, denn diese so genannte Hybridkreuzung wird auch bei ihm weiter vermehrt. Dem Betrieb hat in diesem Jahr die nasse Witterung besonders zugesetzt. Zwei Drittel der Vermehrungspflanzen sind nicht zu retten. Um den Betrieb fortzusetzen, hofft Schmidt auf Unterstützung seitens des Bauernverbandes und des Amtes für Landwirtschaft.
"Hier braucht man viel Idealismus. Aber die Tradition und die Arbeitsplätze müssen erhalten werden", meint Verbandsgeschäftsführer Jürgen Zywitzki. Deshalb bemüht sich das Team weiter um Zuwachsraten an Kunden in allen Betriebsteilen wie Saatgut, Floristik, Pflanzenverkauf oder Dienstleistungen. Der örtliche Gartenmarkt liegt der Familie besonders am Herzen.